Manchmal ist es wirklich besser nicht sofort auf den rollenden Zug aufzuspringen und erst einmal abzuwarten, wieviel Waggons noch an einem vorbei rollen. Großartiges hat sich in den vergangenen Tagen getan, fügt man die einzelnen Bausteine zusammen und betrachtet man aus einiger Entfernung das hübsch gestaltete Bild.
Worum es geht? Natürlich wieder einmal um den Zusammenhang zwischen Bundeswehr und Journalismus, wobei ich mir noch nicht so ganz schlüssig darüber bin, wen ich jetzt inhaltlich in den Vordergrund stellen soll. Das überlasse ich dann doch lieber dem geneigten Leser dieser Zeilen. Und um jetzt noch einmal kalten Kaffee auszuschenken, hier der kurze Rückblick des Geschehenen.
Am 20. Juli 2012 veröffentlichte der Deutschlandfunk den Beitrag „Vom Wehr- zum Ego- Beauftragten“ von Klaus Pokatzky. Und Pokatzky lässt kein gutes Haar an dem Wehbeauftragten Hellmut Königshaus, der durch seine Haltung, etwas zu sehr auf sich selbst fixiert zu sein, immer wieder in die Schusslinie geriet.
„Vor vier Jahren gab es das erste Feierliche Gelöbnis vor dem Reichstag. Das war ein schönes Bekenntnis für die Parlamentsarmee. Nun sollen beide Symbolorte kombiniert werden. Dem Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus passt das nicht. Offenbar ist dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages bisher entgangen, dass der Bendlerblock eben nicht nur der Arbeitsort für Ministerialbeamte ist, sondern auch der Ort, an dem seit einigen Jahren ein Ehrenmal für jene Soldaten steht, die im Dienst ihr Leben gelassen haben – ein Ehrenmal also auch für die Soldaten, die gefallen sind in kriegerischen Einsätzen, in die sie die Abgeordneten des Bundestages geschickt haben […] 400 Rekruten aus ganz Deutschland hätten heute Abend so schön an einem symbolträchtigen Ort am symbolträchtigen Datum geloben können. Der Wehrbeauftragte hat dafür gesorgt, dass den ganzen Tag über von seinem „Ministerialheer“ die Rede war. Das ist eine Beleidigung der Freiwilligen, die heute Abend geloben. Das ist eine Verhöhnung des Widerstandes. Früher gab es mal Wehrbeauftragte. Heute gibt es einen Ego-Beauftragten.“
Zunächst nichts von großer Bedeutung, denn vor allem in den Kreisen der Uniformen sind dies zuweil alltägliche Gesprächsinhalte. Nun wurde auch im Deutschlandradio Kultur darüber gesprochen. Die Reaktion aus dem ministerialen Haus ließ nicht lange auf sich warten und mysteriöserweise wurde der Beitrag auch umgehend offline gestellt. Eine Frechheit, denn sollten keine Persönlichkeitsrechte bzw. journalistische Grundregeln verletzt worden sein, gibt es keinen Anlass für diese Handlung. Entrüstung aus dem journalistischem Umfeld wurde laut und eine Meldung „in eigener Sache“ wurde auf der Webseite vom Deutschlandradio veröffentlicht. Darin schreibt Chefredakteur Klaus Lange:
„In eigener Sache
Es darf kein Zweifel an der Unabhängigkeit von Deutschlandradio entstehen. Angeblich konnte der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus einen auf der Startseite von Deutschlandradio Kultur am 20. Juli nach der Sendung dort eingestellten Kommentar „löschen lassen“. Der Vorwurf trifft selbstverständlich nicht zu.
Der Intendant hatte die Beschwerden des Wehrbeauftragten schriftlich zurückgewiesen. Der Kommentar sei presserechtlich nicht zu beanstanden. Doch auch im Deutschlandradio gibt es Kommunikationspannen. Die Redaktion hatte den Beitrag ohne Rücksprache entfernt. Aus journalistisch plausiblen Gründen. Die Vehemenz des Angriffs auf den Wehrbeauftragten erschließe sich nicht aus dem Sachverhalt. Kritik müsse an der Sache orientiert bleiben. Diese journalistische Bewertung trifft zu. Da der Kommentar aber gesendet wurde, war die Entscheidung dennoch falsch. Das höchste Gut des Deutschlandradios ist seine Glaubwürdigkeit. Der Kommentar steht wieder im Netz. Peter Lange Chefredakteur Deutschlandradio Kultur (Dieser Beitrag wurde vom 6. August 2012, 14:06 Uhr erstellt)“
Wie lange wird es jetzt also dauern, bis auch darauf wieder reagiert wird? Wir können auch fest davon ausgehen, dass hinter den dicken Mauern des Bendlerblocks in Berlin unlängst darüber diskutiert wird. Aber die politischen Reihen scheinen sich immer wieder von allein in Wohlgefallen auflösen, (ge-)denken wir gemeinsam an den geschiedenen Verteidigungsminister zu Guttenberg (Amtszeit von 28. Oktober 2009 bis 1. März 2011) und jüngst an den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff (Amtszeit vom 30. Juni 2010 bis 17. Februar 2012). Jetzt wird es wieder laut in der Truppe, die ohnehin schon damit zu tun hat, die Reform des Herrn zu Guttenberg zu verdauen. Auf wen ist in Zukunft verlass, wenn mal wieder ein Bundesverteidigungsminsister, oder der Wehrbeauftragte mehr an sich, als an die ihnen anvertrauten und unterstellten Soldaten denkt?