Kommentar- Die Bundesregierung ist sich dieser Tage doch einig über den Einsatz deutscher Truppen in Nordafrika. Halt! Da war doch von etwas ganz anderem die Rede. Sprach man beim Mauerfall nicht von „Wendehälsen“? Von Menschen, die sich mit ihren Meinungen und Äußerungen nach der gewünschten gesellschaftlichen Richtung orientierten. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) wäre dieser Tage prädestiniert dafür, enthielt er sich im März 2011 vor dem Völkerbund der Stimmenabgabe, um gemeinsam militärisch gegen den Diktator Gaddafi zu intervenieren.
Am 08.April 2011 meldete die „Süddeutsche Zeitung“, dass die Koalition ein Mandat für den Einsatz deutscher Truppen in Libyen vorbereitet. Aufhänger dafür soll die „humanitäre Hilfe“ sein, denn das ist die Voraussetzung für einen UN-Einsatz. Deutschland hatte sich mit der Entscheidung Westerwelles auf internationalem Parkett gegenüber den Verbündeten ins Abseits katapultiert. Auch in Europa war man nicht sonderlich darüber erfreut, denn Frankreich und England signalisierten ohne Zögern ihr Engagement. Als Trostpflaster entsandte Deutschland weitere 90 Soldaten nach Afghanistan, um dort bei der Luftraumaufklärung zu unterstützen. Aber auch bei dieser Entscheidung sollte man einen Blick nach hinten wagen und an die Worte Westerwelles denken, denn noch im November 2010 sprach der Minister vom Truppenabzug aus Afghanistan. Ex-Verteidigungsminister zu Guttenberg riet davon ab, einem Rückzug aus Afghanistan zu entsprechen. Sollte es die Lage zulassen, war die Intention des Ex-Ministers. Allerdings lässt es die Lage weder am Hinukush, noch anderswo zu.
Werden wir also unsere Verbundenheit über Europas Grenzen hinweg wieder verstärken? Wie groß wird der Blutzoll sein, um sich wieder in die Gemeinschaft integrieren zu dürfen? Die Grenze der Belastung innerhalb der Bundeswehr ist längst erreicht, Wehrpflichtige gibt es nicht mehr und der erhoffte enthusiastische Ansturm freiwilliger in der Truppe blieb bisher aus. Da bleibt nur noch eine Frage offen: Wer muss den Kopf herhalten, damit die Quadriga wieder über die Grenzen hinweg glanzvoll erscheint? (eh)