Afghanistan- Schauplatz Mazar-e-Sharif, der repräsentative Ort der Bundeswehr am Hindukush. Ausgerechnet am 01. April 2012 besuchte Lorenz Caffier, Innenminister des norddeutschen Bundeslandes und amtierender Vorsitzender der deutschen Innenministerkonferenz Masar-e Scharif. Also doch kein Scherz? Seit dem Bestehen des Feldlagers reisen immer wieder Politiker in das ferne Land, welches schon auf Alexander dem Großen einen besonderen Reiz ausübte.
Aber ist es der Reiz des Landes? Oder doch die wohl eher medienwirksame und vor allem politisch nützliche Unternehmung? Auch während meiner aktiven Zeit als Soldat waren politische „Empfänge“ immer wieder Konsens und alles musste bestens „präpariert“ werden. Natürlich stand und steht Sicherheit an oberster Stelle, darüber muss man weder diskutieren, noch muss man es kommentieren. Aber welche besondere Nähe sollen diese Reisen darstellen? Im Jargon der Bundeswehr hieß es immer „Gefechtsfeldtourismus„, also das repräsentative Auftreten von Politikern, welches dann in Deutschland zu einem „Aha- Effekt“ führen soll. Für die Soldaten vor Ort bedeutet es auch heute noch ohne Zweifel, dass es zu einer zusätzlichen dienstlichen Belastung kommt. Es werden EOD (militärischer Kampfmittelräumdienst) und Feldjäger( Militärpolizei) bemüht, einen sicheren Raum zu schaffen, die Stabsoffiziere geben gesonderte Befehle heraus, in denen entsprechende Handlungsanweisungen stehen, die Truppenküche bemüht sich besonders, ein wertvolles Essen zu „zaubern“.
Aber das ist längst nicht alles, was die Soldaten erwartet, denn auch meine Kollegen sind im Reisegepäck eines Politikers. Zunächst einmal nichts ungewöhnliches, wollen wir doch vom Ort des Geschehens berichten. Da ich mich schon seit einiger Zeit sehr intensiv mit dem Thema auseinander setze, habe ich ein wunderbares und aktuelles Beispiel gefunden, welches die Arbeit der Presseoffiziere der Bundeswehr sehr deutlich macht. Als Zitat dient dazu die Publikation der Bundeswehr:
Den geübten Spürnasen der Journalisten entgeht keiner, auch wenn er wie ein scheues Reh das Weite suchen will. Eifrig befragt der Korrespondent des Nordkuriers einige Mecklenburger Soldaten nach ihrer Herkunft und ihren Eindrücken im Einsatz.
Ein Soldat ist doch bei weitem kein scheues Reh, oder täusche ich mich da? Soldaten sollen doch auch laut des Verteidigungsministeriums als mündige Staatsbürger in Uniform in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, warum sollte dann ein Soldat, der endlich einmal öffentlich zu gewissen Dingen Stellung nehmen darf, flüchten?
Erst der Presseoffizier Hauptmann Michael S. bringt Licht ins Dunkel und gibt Ratschläge, wie man in einem Interview nicht einfach untergeht. Mit diesem Wissen ausgestattet, gibt der Stabsgefreite Thomas K. selbstbewusst dem Deutschlandfunk ein umfangreiches Interview. Als Kraftfahrer der Kfz-Gruppe berichtet er von seinen vielen Erlebnissen außerhalb des Camps.
Die Lösung des Rätsels liegt also schon sehr nahe, denn ohne den beherzten Rat des Presseoffiziers hätte der erwachsene Soldat den tückischen Fragen des Journalisten nicht stand gehalten. Genau diese Erlebnisse begleiteten mich bei meiner vergangenen Reise in Afghanistan, im Camp Marmal in Mazar-e-Sharif. Erst in der Betreuungseinrichtung, zur abendlichen Stunde tauten die Soldaten förmlich auf und berichteten von ihren Sorgen und Nöten. Der Journalist wurde schon zu meiner aktiven Dienstzeit als „Feind“ angesehen, der dem Soldaten nichts Gutes will. Allerdings rührt dieses Klischee noch aus den Zeiten des deutschen Herbst, als es noch galt, den Krieg in Vietnam zu verurteilen. Heute sollte es doch längst klar sein, vor allem für die Führung der Bundeswehr, dass Journalisten nicht zum Feindbild der Soldaten gehören. Wer als mündiger Bürger beachtet und respektiert werden möchte, der soll und darf sich auch gern kritisch und vor allem öffentlich äußern. (eh)