Besondere Situationen erfordern so manches Mal ganz besondere Maßnahmen. Dieser Satz wird immer wieder zitiert, doch was steckt vor allem beim Berufsbild des Journalisten dahinter? Die gesamte Branche steckt im Wandel, und zahlreiche Journalisten und Medienwissenschaftler haben schon ausgiebig darüber publiziert. „Mach doch was mit Medien“- ist sogar der Werbeslogan einer großen deutschen privaten Hochschule. Und so einfach wie es klingt, ist es letztenendes aber nicht. Welche Inhalte werden vermittelt, wo liegen die Schwerpunkte, vor allem in einer Zeit, in der sich alles verändert? Hyperlokaler Journalismus, Redaktionsmanagement, Distribution, Videojournalisten, Innovationen, Social Media – die Liste der Schlagworte ist lang, die immer wieder im Kontext zum Journalismus genannt werden.
Aber wer hat genau in dieser Zeit an die JournalistenInnen gedacht, die sich fernab der Heimat in Regionen befinden, die nicht zu den Reisezielen des durchschnittlichen Bundesbürgers gehören? Afghanistan, Irak, Syrien, Ägypten, Somalia, Sudan, Kongo- die Liste ist lang. Aber es müssen nicht immer Kriegsgebiete sein, die zu den gefährdeten Gebieten gehören. Aktuell ist da zum Beispiel auch Fokushima zu nennen. Was macht dieses Umfeld für Journalisten so besonders, um nicht immer von Gefahr zu sprechen? Wer bereitet den Kollegen oder die Kollegin auf diesen besonderen Einsatz vor? Eine schulische bzw. akademische Ausbildung für dieses besondere Umfeld gibt es nicht, also gilt es selbst die Erfahrungen zu machen, oder von den „Alten“ zu lernen. Letzteres ist aber in der Branche eher unwahrscheinlich, da es sich schon fast um eine „eingeschworene“ Gemeinschaft handelt, die sich nicht so leicht über die Schulter schauen lässt.
Die Kaserenanlage der Infanterieschule des Heeres im fränkischen Hammelburg, etwa 50 Kilometer nördlich von Würzburg, beherbergt das UN- Ausbildungszentrum. Es ist eine der besonderen Einrichtungen der Bundeswehr, die sich unter anderem mit der Aus- bzw. Weiterbildung von Journalisten in besonderen Einsatz gebieten befasst. Seit April 2010 ist es eine eigenständige Institution, die truppendienstlich dem General der Infanterie unterstellt ist. Kompetenzen und internationale Erfahrungen kommen daher auch hier zum tragen und werden an die Lehrgangsteilnehmer weitergegeben. Im nachfolgenden Beitrag, meinem ersten Teil von vier, der sich mit der einwöchigen und modularen Ausbildung befasst, möchte ich einen kleinen Einblick in das Ausbildungsprogramm gewähren.
In dem Ausbildungsprogramm für Journalisten werden die Lehrgangsteilnehmer von militärischen Führern ausgebildet, die selbst über internationale Einsatzerfahrungen verfügen. Sie selbst, wie auch alle anderen Soldaten, die an internationalen Einsätzen teilnehmen, müssen eine spezielle Vorbereitung durchlaufen. „Handlungstraining bei komplexen Lagen“ ist hier eines der maßgeblichen Stichworte. Wie verhalte ich mich als Journalist in einem Gebiet, aus dem ich berichten möchte oder muss, und die Gegebenheiten vor Ort nicht kenne? Wie kann ich Gefahrenpotential erkennen, deuten und mich dann entsprechend verhalten? In diesem Zusammenhang muss das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien genannt werden. Es ist noch heute in Europa das Gebiet, in dem immer noch mehrere Millionen Land- und Anti-Personenminen verborgen sind und eine potentielle Gefahr bedeuten. Wie erkenne ich eine Mine oder einen gefährlichen Gegenstand? Der Grundsatz, sich für eine Story nicht selbst in Lebensgefahr zu bringen, gilt vielleicht noch auf dem Papier, aber nicht im redaktionellen Einsatz. „Bilder sagen mehr als tausend Worte“ und erzielen nach wie vor den größten Erlös. Freie Redakteure und Journalisten kennen diesen Kampf und bringen sich nicht selten selbst damit in Gefahr.
Reporter ohne Grenzen veröffentlich jährlich die Zahlen getöteter oder verletzter Journalisten. Die Zahlen sind und bleiben erschreckend, zeigen aber nach wie vor das Potential der besonderen Ausbildung. Seit dem arabischen Frühling haben einige überregionale Redaktionen ihre Journalisten in diese Regionen beordert, um direkt und hautnah am Geschehen zu sein, und um exklusive Beiträge liefern zu können. Fehlende Landeskunde, mangelhafte bis gänzlich fehlende Kontakte vor Ort und der redaktionelle Druck, führen sicherlich zu oft zu Gefahrensituationen, die mit einer entsprechenden Vorbereitung vermieden werden kann. Die Stichworte sind hier nicht zuletzt „Prävention“ und „Sensibilisation“, denn mehr kann es nicht sein. Die Verletzung des ARD- Korrespondenten Jörg Armbruster sollte inzwischen Alarm genug sein, um sich auch inhaltlich diesem speziellen Thema anzunehmen. (eh)