In Anlehnung der vergangenen Berichterstattung über Syrien, hatten sich bekannte Journalisten und Autoren wie Peter Scholl-Latour und Jürgen Todenhöfer sehr wohlwollend gegenüber dem syrischen Diktator Bashar al-Assad zu Wort gemeldet. Mir scheint, als würde sich die Medienwelt zunehmend verändern, betrachtet man auch die Berichte seit der Plagiatsvorwürfe gegen Herrn zu Guttenberg und jüngst auch gegen Christian Wulff. Das „Lager“ unter den Journalisten schien schon gespalten zu sein, als der Begriff der „Hauptstadt- Journalisten“ geprägt wurde.
Aber was ist Angesichts der Gräueltaten in Syrien geschehen? Scholl-Latour ist einer der bekanntesten Experten, wenn es um Kriege, Konflikte und Diktatoren geht. Stimmen der Rezipienten lassen durchklingen, er würde „satt“ sein und sich auch in seinem ehrenwerten und hohen Lebensalter unnötig zu Wort melden. Was ist aber dran, an den bisherigen Berichten aus Syrien und warum scheinen Redaktionen und auch Journalisten dazu zu neigen, unwahre Berichte und Meldungen zu streuen? RTL ist unlängst dafür bekannt, Meldungen für sich aufzublähen und spektakulär zu gestalten, aber auch die Nachrichtenagentur „Reuters“ war davon nicht verschont geblieben. Die taz schrieb dazu am 20.März 2012 folgendes:
Aber viele der Youtube-Filme sind irreführend oder gefälscht. Nach der Münchhausen-Kampagne über die angeblichen Massenvernichtungswaffen des Irak erleben wir auch zu Syrien eine gigantische Desinformationskampagne. So wurde am 17. Mai 2011 im deutschen Fernsehen ein Filmbericht aus dem Irak als syrischer Gräuelfilm verkauft. Im Frühjahr wurde im australischen Fernsehen ein Film aus dem Libanon von 2008 als Syrienreportage ausgestrahlt. Der Lieferant, die Nachrichtenagentur Reuters, musste sich entschuldigen.
Was ist passiert? Bei meiner vergangenen Reise in den Libanon musste ich zwei Dinge feststellen, die mich in der Annahme bestärkten, Journalisten, die vor Ort arbeiten, sind anders als sie sich in Deutschland dem Leser präsentieren. Der Stadtteil Hamra ist in Beirut ist nicht nur das „neue“ Viertel der libanesischen Mittelschicht, mit Pubs, Kneipen, Restaurants, Boutiquen und Restaurants, sondern auch etablierten Hotels. Dort stiegen zunehmend Journalisten ab, da der Stadtteil sehr zentral gelegen ist. Ich konnte Kollegen beobachten, die sich lediglich im Taxi in der Öffentlichkeit bewegten und die teure Hotellobby eines Vier- Sterne Hotels zum arbeiten nutzen. Sie sitzen nicht in Restaurants, die nach außen einen eher mittelmäßigen Eindruck machen und sie treten zum Teil auch optisch eher paramilitär auf, was den Eindruck einer Krisenberichterstattung verstärken.
Bei einer groß angekündigten Demonstration Für und Gegen Präsident Assad in Beirut stand ich in der Mitte der Demonstranten und Kollegen. Jedoch war nur ein deutscher Kollege vor Ort, der aber nicht berichtete, sondern lediglich aus Neugierde den Weg zur Demonstration suchte. Wo waren die deutschen Kollegen, die von sich sagen:“Ich war dort und dabei!“? Wie wird berichtet, wenn keine Zeugen am Platz der Geschehnisse waren? Werden Agenturmeldungen ausschließlich zu Grunde gelegt, um Themen groß aufzubereiten? Wann war Peter Scholl-Latour zuletzt in Syrien und hatte in Damaskus und Homs mit Oppositionellen gesprochen? Ich möchte und kann inhaltlich nicht alles bewerten, aber verschließen immer mehr Leser ihre Augen?
Rafik Schami, ein gebürtiger Syrer, kritisierte in der taz vom 03.März 2012 die oben erwähnten Publizisten und warf den ersten Stein gegen das Panzerglas, hinter dem sich etwaige Journalisten verstecken.
Der syrische Exilschriftsteller Rafik Schami bezeichnete deutsche Verteidiger der Assad-Position als „Prominenz-Journalisten“ und prangerte sie „wegen Vertuschung von Völkermord, wegen der Verachtung der syrischen Frauen und Männer, die ihr Leben auf der Straße geben, um die Freiheit zu erkämpfen“, an: „Die Prominenz-Journalisten wissen von den Morden, aber sie leugnen sie, weil sie dann ihre Verbundenheit mit den Mördern nicht mehr rechtfertigen könnten.“ Namentlich kritisierte Rafik Schami die Veröffentlichungen von Jürgen Todenhöfer und Peter Scholl-Latour.
Die internationale Staatengemeinschaft, ausgenommen Russland und China waren sich unlängst darüber einig, dass die militärischen Übergriffe in Syrien zu beenden seien und der Staatschef Bashar al-Assad an die kurze Leine zu nehmen sei. Wie können angesichts der Bilder und Informationen aus Syrien, Journalisten und Publizisten eine Meinung öffentlich vertreten, die für eine diktatorische Regierung spricht. Bei der Begrifflichkeit des „Prominenz-Journalismus“ sind dann letzt wohl nur Bonuspunkte gemeint, da deutsche Redaktionen und Fernsehsender keine adäquaten Urgesteine und Experten vorzuweisen hat? Traurig, dass sich selbst Kollegen untereinander so kontrovers begegnen und über Dinge reden, die sie derzeit nicht als bewiesene Augenzeugen bestätigen können. Ich möchte abschließend sagen, dass die Arbeit Peter Scholl-Latours sicherlich oft genug kritisch diskutiert wurde, dennoch hat er jahrzehntelange Erfahrungen im Bezug auf die weltweiten Krisen und Kriege. Aber Urgesteine des Journalismus sollten sich zur Ruhe setzen und ihren Ruhm genießen und nicht mehr von Ereignissen sprechen, die sie unlängst nicht mehr detailliert beurteilen können. Es ist letztlich eine Diskussion entbrannt, die unnötig ist und die Arbeit (Erkenntnisse) der Kollegen und Kolleginnen vor Ort, in den Krisen in Frage stellt. (eh)