Anna Stepanowna Politkowskaja wurde am 07.Oktober 2006 im Aufgang ihres Wohnhauses in der Moskauer Lesnaja-Straße durch mehrere Schüsse getötet. Ein Projektil traf sie in die Brust, eine weitere in den Kopf. Die Autorin, Journalistin und Menschenrechtsaktivistin engagierte sich sehr kritisch im Bezug auf den Krieg in Tschetschenien und der Korruption im russischen Verteidigungsminsiterium. Fast fünf Jahre dauerte es, bis die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti schrieb, dass sich der mutmaßliche Mörder Politowskaja in Belgien aufhielt und gefasst werden konnte.
Die Anwältin Anna Stawizkaja äußerte sich zur Festnahme des mutmaßlichen Täters und sagte, die Festnahme sei noch kein Indiz für die Schuld des Angeklagten. In einem früheren Prozess hatten Geschworene die drei Angeklagten – die beiden Brüder Machmudow und den Ex-Angestellten des Innenministeriums Sergej Chadschikurbanow – freigesprochen. Anna Politowskaja ging sehr kritisch und offen mit den Missständen in Tschetschenien um, daher wird das Motiv des Täters auch in den Kreisen der tschetschenischen Führung gesucht. Aber zur Ermordung gibt es verschiedene Theorien, denn die „offizielle“ russische Meinung ist, dass der oder die Täter aus den Reihen des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow kämen und umgekehrt wird behauptet, dass die Drahtzieher im Westen und der Opposition zu suchen seien.
Nach diesen Erkenntnissen wird wohl eher eine Verschleierung der genauen Tathergänge erzeugt und die Verhaftung Machmudows erinnert an den Fall Kennedy. Russland steht nach wie vor auf Platz 140 im Ranking der Pressefreiheit, in der Auflistung umgeben von Ländern wie Kolumbien, der Türkei oder Afghanistan. Politische Machtinhaber wie Vladimir Putin und neben ihm einflussreiche Oligarchen bestimmen den Ton auf dem innenpolitischen Parkett. Wer aus der Reihe tanzt wird des Saales verwiesen, bekommt Hausverbot oder verschwindet einfach von der Bildfläche. Europäische oder deutsche Bemühungen scheiterten immer wieder, da Öl und auch Gas eine gewisse wirtschaftliche Abhängigkeit hervorrufen, aber zu welchem Preis?
Sind wir angehalten wegzuschauen, um Russlands wirtschaftlichen Einfluss nicht zu spüren zu bekommen? Nur leider werden weltweit immer mehr Journalisten verfolgt, gefoltert und auch getötet. Sie sagten und wussten zu viel und waren einem Regime oder einem Geheimdienst ausgesetzt, welches keine Skrupel besitzt, auch über Leichen zu gehen. Es gibt bei der Verfolgung der Taten, bzw. bei der Verurteilung der Taten immer einen bitteren Beigeschmack! Wir – in einem demokratischen Staat – unterliegen den internationalen wirtschaftlichen Zwängen und sind machtlos, vor allem unter den Journalisten. An den politischen Beziehungen zu den einzelnen Ländern wird sich nichts ändern, die Abhängigkeit wird hier allzu deutlich. (eh)