Erst in den vergangenen Tagen hatte ich ein paar interessante Unterhaltungen zum Thema Afghanistan. Das Ergebnis war eigentlich ernüchternd und recht eindeutig- „Raus aus Afghanistan!“ und „Mich interessiert das nicht mehr, es steht doch jeden Tag das gleiche in den Zeitungen!“. Gegen diese Aussagen kann nicht einmal der vernünftigste Politiker argumentieren, denn inzwischen ist die Zahl der Toten deutschen Soldaten auf über 50 gestiegen. Vom ursprünglichen „Aufbau der Infrastruktur“ im Land, über zu „friedenssichernden Projekten“ geht es inzwischen nur noch um den reinen Selbstschutz und der Verteidigung des eigenen Lebens.
Der finanzielle Anreiz Deutschland auch am Hindukusch zu verteidigen wurde erhöht, den Forderungen nach besserer Ausrüstung wurde ebenfalls nachgegeben, aber eine Aussicht auf baldigen Abzug gibt es nicht. Im Grunde könnte man an dieser Stelle das Schreiben beenden, denn letztlich wurde alles in irgendeiner Form schon geschrieben, gesagt oder gefilmt. Aber gerade in diesen Stunden sind die Angehörigen der getöteten Soldaten sicherlich nicht ganz damit einverstanden, gerade sie werden die Frage nach dem „Warum?“ stellen. Bei der Ohnmacht und Trauer wird es nicht genügen, an den Patriotismus zu appelieren, von dem der amtierende Verteidigungsminister zum Thema der Rekrutierung sprach. Innerpolitische Zwänge und transatlantische Verpflichtungen werden eher der Grund für die parlamentarischen Zustimmungen zur Kontingentverlängerung gewesen sein.
Nur spricht es niemand offen aus, Fehler gemacht zu haben. Die derzeit regierende Koalition wird es nicht arrangieren, sicherlich auch nicht die kommende. Und die Forderungen des Außenministers Guido Westerwelle, den Truppenabbau ab Ende 2011 in Gang zu setzen, scheint als Seifenblase längst geplatzt zu sein. Nun ist zum ersten Mal ein deutscher Genaral von einem Anschlag direkt und physisch betroffen, hat am eigenen Leben erfahren, wovon bisher immer nur die anderen sprachen. Bei den getöteten Soldaten ist anzunehmen, dass es sich um das Personenschutzkommando handeln könnte. Werden sich jetzt die Reaktionen auf die stetig steigende Zahl der Verletzten und Toten ändern?
Was unternehmen die Soldaten selbst? Nein- ich möchte hier nicht von Befehlsverweigerung oder ähnlichem sprechen, aber die Zahl derer, die in den Einsatz nach Afghanistan möchten, ergo nicht befohlen werden, reißt nicht ab. Wo ist der Anreiz? Das liebe steuerfreie Geld? Spekulation- würden jetzt sicherlich einige lauthals aufschreien. Ist es das Quentchen Benotung, was vielleicht für eine gute Beurteilung fehlt, oder ist es die Angst, als Weichei vor den einsatzerfahrenen Kameraden zu stehen? An dieser Stelle möchte ich nicht vergessen zu erwähnen, dass die psychische Belastung der Einsätze nicht spurlos an den Soldaten vorbei geht. Das Bundeswehrkrankenhaus Hamburg hält sich zwar sehr bedeckt und äußert sich natürlich nicht, allerdings wurde aus internen Informationen deutlich, dass eine nicht geringe Zahl der zu Betreuenden Soldaten inzwischen zivil behandelt werden müssen, da das Krankenhaus vermutlich an die Kapazitätsgrenze gestoßen ist. Ich möchte am Schluss allen Hinterbliebenen mein tiefes Beileid aussprechen und wünsche mir für alle, dass sie eines Tages eine ehrliche Antwort auf die Frage nach dem „Warum“ bekommen werden. (eh)