Es ist heiß, sehr heiß! Der Asphalt flimmert und die Luft trocknet bei jeden Atemzug die Kehle. Die Wasserflasche in der Hand ist schon lange nicht mehr kühl, aber es lindert zumindest kurzfristig das Bedürfnis etwas trinken zu wollen. Afghanistan ist weder eine Attraktion, noch ein Land, welches man auf der to-do Liste stehen hat. Wer hier her fliegt, der hat anderes im Sinn, als sich an einen Pool zu legen und sich von der Sonne verwöhnen zu lassen. Soldaten und Hilfsorganisationen geben sich am Flughafen Kaubul die Klinke in die Hand. Die Fahnen wehen im heißen Wind und in verwitterter Schrift ist „Welcome to Kabul“ zu lesen.
Irgendwie liest sich das auch wie: Willkommen in der Hölle! – denn so fühlt man sich bei diesen Temperaturen. Hamid Karsai reagiert nun schon seit September 2001 sein Heimatland, jedoch immer erfolgloser. Hervorgegangen aus einer Familie, die schon zu Zeiten seines Vaters der afghanisch-königlichen Dynastie treu ergeben war. Zunächst unterstützten sie als Unternehmer die Mudschaheddin im Kampf gegen die sowjetischen Streitkräfte und waren auch nach deren Vertreibung den Taliban wohl gesonnen. Ein enges Bündis mit dem CIA wird ihm auch heute noch nachgesagt, denn der Name Karsai war zum Zeitpunkt der Vertragsgespräche zwischen dem kalifornischen Erdölkonsortium „Unocal“ und den Taliban repräsentativ. Jedoch floh 1996 Hamid Karsai in die Botschaft der UNO und brach sein Verhältnis zu den Führern der Taliban.
Hintergründe, die für die bisherige Entwicklung des Landes am Hindukusch nicht ganz unerheblich sind. Blühende Mohnfelder, Drogenanbau, Korruption und Terror beherrschen heute mehr denn je das Land und die Menschen, die sich eigentlich nichts mehr wünschten, als Frieden und Freiheit. Die Bundesrepublik Deutschland verkündete schon nach kurzer Einsatzdauer in Afghanistan, dass es inzwischen Mädchen und Frauen möglich sei, auch eine Schule besuchen zu dürfen. Schulen und Polizeistationen wurden durch deutsche Staatshilfen aufgebaut und alles schien so leicht zu sein. Die Menschen werden aber mehr und mehr enttäuscht. NATO und Enduring Freedom haben bisher versagt, auch gegen das Verlautbaren der Politik. Bisher waren drei deutsche Verteidigungsminister am Friedenseinsatz in Afghanistan beteiligt.
Miséren wie der Mangel an adäquater Ausrüstung, die bislang nur Einheiten wie den „Krisen- Spezialkräften“ KSK aus Calw vorbehalten waren, trugen oft zum Scheitern von militärischen Missionen bei. Inzwischen starben schon über 30 deutsche Soldaten im kargen heißen Land Asiens, die zu einem großen Teil hätten vermieden werden können. Informationen wurden ignoriert, oder Entscheidungen verschleppt, denn die deutsche militärische Führung ist ein Ebenbild des allseits bekannten preußisch- bürokratischen Stil. Wie aber soll Schutz für die Bevölkerung entstehen, wenn selbst der Schutz den Graben sucht? Der Einfluss der einzelnen Clans ist inzwischen unbestritten und er wird immer stärker. Drogen und Korruption finanzieren sie so gewaltig, dass es aus der Hauptstadt Kabul nur noch igrnoriert werden kann.
Hamid Karsai ist nur noch eine Marionette der amerikanischen Regierung, einen echten Einfluss hat er nicht mehr. Wirtschaftlich hat sich im Land nicht viel verändert, die Landwirtschaft wird kläglich betrieben, viele Rohstoffe müssen aus Pakistan, Iran, Turkmenistan oder Usbekistan importiert werden. Aber selbst Wasser ist in einigen Gebieten des Landes eher ein Fremdwort. Wasser, kühles Nass, wonach die trockene Kehle förmlich schreit, bei dieser unerträglichen Hitze. Immer noch flimmert der Asphalt und Autos ziehen vorbei, Karren werden geschoben und auch in dieser Betriebsamkeit wird man beäugt. Ist es, weil die Deutschen keine langen Bärte tragen, ist es das martialische Auftreten, oder ist es einfach der „Störfaktor“ Christ? Viele Menschen sind aufgeschlossen, fragen und antworten bereitwillig, einige gehen aber auch ablehnend ihres Weges. Sind es Taliban? Wie erkennt man einen Taliban? Auch wenn es militärisch versucht wird, einen potentiellen Gegner zu beschreiben, es gelingt vor allem nicht in diesem Land.
Hier gelten keine Pauschalaussagen und Regeln aus einer Vorschrift oder einem Handbuch. Man hat versucht die Herzen zu gewinnen, man hat die Herzen aber inzwischen auch wieder verloren. Die jüngsten Anschläge haben gezeigt, dieses Land ist unter keinen Umständen beherrschbar, denn zu viele Clans herrschen in den unterschiedlichen Regionen und vor allem nach dem Mord an Osama bin-Laden muss mit mehr Gegenwehr gerechnet werden. Gewalt erzeugt Gegengewalt, eine Binsenweisheit, die hier mehr denn je an Gültigkeit gewann. Lösungen gibt es keine und fragt man einen der militärischen Führer, dann werden Zitate, oder besser Rechtfertigungen von Peter Struck herausgekramt und von der vaterländischen Verteidigung am Hindukusch gesprochen. Rückzug kommt im deutschen Sprachgebrauch nicht vor, es wird mit Feigheit gleichgesetzt, obwohl die niederländische und dänische Armee gezeigt hat, das Einsicht der Weg zum Erfolg sein kann. (eh)