Es ist eher unwahrscheinlich, dass Journalisten Erfahrungen im Umgang mit Sprengstoff oder Waffen haben. Eine militärische Vorausbildung ist für die Berufswahl keineVoraussetzung, dennoch wäre sie sehr hilfreich. Dass Journalisten immer wieder durch Querschläger, Schrapnelle oder Granatsplitter verletzt oder sogar getötet wurden, zeigen die Statistiken von Reporter ohne Grenzen immer wieder. Natürlich darf und soll darüber diskutiert werden, welche Möglichkeiten ein Reporter bei seinen Recherchen im Ausland hat. Selbstverständlich sind Themen auch vom Format abhängig und tagesaktuelle Beiträge zum Beispiel aus Syrien oder Afghanistan können nicht vom Hotelzimmer aus recherchiert werden. Was muss also ein Journalist wissen, wenn er die „Stimmen des Krieges“ hört? Woran kann man erkennen, was Artilleriefeuer ist und wie ein Feuergefecht mit Sturmgewehren klingt? Wie kann man daran ableiten, ob man sich in einer Gefahrenzone befindet?
Die Bundeswehr verfügt über die nötigen Fertigkeiten und Fähigkeiten und kann auch bei diesem Ausbildungsabschnitt die nötigen Informationen an die Lehrgangsteilnehmer vermitteln. Hier wird sehr deutlich, wie wichtig die praxisnahe Ausbildung ist.
10 Tipps, die beim Einsatz in einem Krisen- oder Kriegsgebiet nützlich sein können:
- Klingt es wie ein Donner bei einem Sommergewitter, so handelt es sich um großkalibrige Geschosse. Diese werden zum Beispiel von Mörsern, Panzern und Artillerie über größere Entfernungen verschossen. Hierbei ist man im „relativ“ sicheren Abstand zum Geschehen.
- Hört man in naher oder auch größerer Entfernung immer wieder einzelne Schüsse, so handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Scharf- bzw. Heckenschützen. Hierbei ist absolut Abstand zu nehmen, denn der Schütze kann mit einem Schallverzerrer schießen, so dass eine genaue Lokalisierung nicht mehr möglich ist. Sollten Einheimische bestimmte Straßenabschnitte meiden, so sollte das ein dringendes Warnzeichen sein!
- Das am weitesten verbreitete Sturmgewehr ist die russische AK47 oder AK74. Sie unterscheiden sich für Laien kaum, aber wichtig ist, dass der überwiegende Teil derer, die es benutzen, immer im Modus „Dauerfeuer“ schießen. Hierbei ist es schwer gezielte Schüsse abzugeben und Querschläger und „verirrte“ Geschosse können tödlich sein.
- Im urbanen Gelände werden sehr oft zerstörte Gebäude als Stellungen genutzt. Daher sollte man vor allem diese Bereiche möglichst meiden, um nicht in eine Sicherungslinie zu geraten, die von dort aus verteidigt wird.
- Sollte der Fotograf, VJ oder Kameramann bestimmte Szenen aufnehmen wollen, so muss bedacht werden, dass eine Kamera aus größerer Entfernung und für ungeübte schnell nach einer Waffe aussehen kann. Somit sollte die Trageweise immer überdacht werden. Große Kameras sind vor allem in solchen Regionen unhandlich und können schnell zu einem Hindernis werden.
- Auf jedenfall sollte man immer wieder Kinder im Blick haben. Sie werden sich immer an Orten aufhalten, die als sicher gelten. Wenn sie unbedarft spielen, kann man sich sicher in diesem Bereich aufhalten. Attentäter oder Schützen, vor allem aus muslimischen Ländern vermeiden das Töten von Kindern.
- Wie schon im Dossier Teil 2 beschrieben, sollte bei einer Recherche die Schutztruppe vor Ort aufgesucht werden. Diese haben in den meisten Fällen mehr Informationen zur Lage im Land. Sollte die Truppe Warnungen aussprechen, so muss und sollte dringend darauf gehört werden. Soldaten, die gut ausgerüstet sind, gehen selbst kein Risiko ein, daher Achtung!
- Natürlich sind die landestypischen Gepflogenheiten sehr wichtig. Diese muss man zwingend kennen, denn neben der Gastfreundschaft ist es wichtig zu wissen, ob und wann man zum Beispiel Kinder und Frauen filmen und/ oder fotografieren darf. Bei wem muss man sich erkundigen, um ein Interview durchführen zu dürfen? Clan bzw. Stammesoberhäubter reagieren sehr oft erbost darüber, wenn sie bei solchen Entscheidungen übergangen werden. Also immer zuerst nach dem Oberhaupt fragen und mit ihm bei einem Gespräch einen Tee trinken. Entscheidungen und auch Informationen sind dann einfacher und ohne Komplikationen zu erhalten.
- Wenn der Journalist als „Einzelkämpfer“ unterwegs ist, sollte er niemals allein und auf eigene Faust reisen. Oft trifft man andere Kollegen und sollte sich denen bei gleichem Reiseziel anschließen. Der Idealfall ist natürlich, wenn man eigene und einheimische „Stringer“ und „Fixer“ hat, die die Sprache sprechen, über Kontakte verfügen und die Lage kennen. Da sich diese Personen nicht bei einer oder zwei reisen kennen lernen lassen, sollten Journalistenverbände oder Netzwerke zuvor kontaktiert werden.
- Je nach Reiseziel ist die Frage offen, ob eine Schutzausrüstung mitgenommen werden soll, kann bzw. darf. Wichtig ist, dass eine Splitterschutzweste der Schutzklasse 4 ein Eigengewicht von 17 Kilogramm hat und bei der Einreise durchaus auffällt. Daher ist eine Presseakkreditierung zuvor bei den hiesigen Behörden oft hilfreich und erleichtert die Einreise. Nachteil ist natürlich, dass eine geheimdienstliche Beobachtung nicht zu vermeiden ist und der Journalist ggf. unter ständiger Beobachtung steht.
All diese Tipps sind nur grobe Anhalte und aus meinem eigenen Fundus bzw. beruhen auf eigenen Erfahrungen. In diesem Fall können diese Punkte gerne weiter ausgeführt werden und auch als Grundlage einer Diskussion sein. Eine mustergültige Lösung wird es nie geben, und daher ist es wichtig, sich für diesen speziellen redaktionellen Einsatz ausbilden zu lassen und über ein gutes Netzwerk zu verfügen. Auch wenn große Redaktionen und Sender über viel Geld verfügen, der Fall Armbruster zeigt aktuell, dass niemand vor Querschlägern, Schrapnellen und „verirrten“ Geschossen geschützt ist. In den meisten Fällen, die als optimal gelten, werden Journalisten nicht gezielt getötet, denn sowohl die eine, als auch die andere Seite eines Konfliktes wollen sich die Medien zu eigen machen. Dennoch gilt die absolute Wachsamkeit! (eh)
Nochmals der Hinweis auf ein Netzwerk: Xing bietet dafür zum Beispiel eine Basis.
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