Der Autor und Dozent für Eingriffsrecht an der FHöV, Abteilung Köln, Polizeirat Christos Katzidis hat sich in der März- Ausgabe der Deutschen Polizeigewerkschaft dem Thema etwas ausführlicher gewidmet und im nachfolgenden sollen einige Passagen daraus näher ausgeführt werden. Sind KollegenInnen der lokalen Presse einer Berichterstattung auf der Spur, die ein nicht unerhebliches öffentliches Interesse beinhaltet, so ist es unter Umständen nicht ungewöhnlich, auch SEK- Beamten bei ihrer Ermittlungsarbeit zu begegnen. In den meisten Fällen sind die Beamten mit schwarzen Uniformen, Masken und Helmen im Einsatz, dennoch können sich Situationen ergeben, in denen sich die Zugriffskräfte der Landespolizei unmaskiert zeigen. In diesem Zusammenhang haben Journalisten sicherlich die eine oder andere Erfahrung machen dürfen. „Nehmen Sie die Kamera herunter!“, oder „Dieses Bild dürfen Sie nicht veröffentlichen!“. Wie verhält man sich in diesem Zusammenhang? Gibt es vielleicht Grundsätze, die ich auch als Journalist zu wahren habe?
Katzidis schreibt in seinen Ausführungen als Dozent und aus Sicht der Polizei und Einsatzkräfte, dennoch lassen sich Passagen 1:1 umkehren und auf die Arbeit der Journalisten anwenden. Wer als Berichterstatter an Großveranstaltungen, Gerichtsverhandlungen oder sogar an Zugriffsoperationen der Landes- oder Bundespolizei teilnahm, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben. Interviews und O-Töne bekommen mit hoher Wahrscheinlichkeit die öffentlich- rechtlichen Sendeanstalten, danach diejenigen freien Berichterstatter, die unter den Beamten und deren Pressesprecher ein gewisses Standing inne haben. Hier kann nur durch gegenseitiges Vertrauen „gepunktet“ werden und sich somit auch ein Platz in der ersten Reihe reserviert werden. Freie Presse, freier Journalismus, garantiert durch den Artikel 5 II im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland- jedoch mit Einschränkungen. Katzidis schreibt dazu selbst, dass es in diesem Zusammenhang keinen Ermessensspielraum und keine Einschränkungsmöglichkeiten seitens der Behörde gibt. „Eine ungehinderte Ausübung des Informationsrechtes liegt immer dann vor, wenn die Ausübung frei von rechtlicher und tatsächlicherAbschirmung, Behinderung, Lenkung, Registrierung oder auch nur Verzögerung erfolgen kann.“1
Verweisend auf den Artikel 5 GG stellt die Meinungs- und Pressefreiheit eine der tragenden und meinungsbildende Säule der freiheitlich- demokratischen Grundordnung dar, die es in ihren Grundfesten zu schützen gilt. Dennoch findet die Pressefreiheit auch Grenzen. In diesem Konnex werden zwei Dinge relevant. Einerseits die Strafverfolgung, die in Beziehung zu einer Straftat steht und andererseits die Gefahrenabwehr betreffend. Interessanterweise verweist der Autor in seinem Text auch auf die Sonderstellung der Journalisten in der Kontiguität der Berufsgeheimnisträger gemäß § 53 I Nr.5 StPO. In diesem Fall, handelt es sich um einen hauptberuflich arbeitenden Journalisten, unterliegen Schriftstücke, Tonträger und andere Datenträger einem Beschlagnahmeverbot gemäß § 97 V StPO! Man muss an dieser Stelle nicht ausdrücklich darauf verweisen, dass dieses Recht verwirkt ist, sollte die Beteiligung an einer Straftat nach dem StGB rechtskräftig nachgewiesen werden. „Das Beschlagnahmeverbot soll dabei nicht nur in Bezug auf Informanten gelten, sondern auch für selbst recherchiertes Material (auch Fotos).“2
Wenngleich der Autor in seinen Ausführungen noch auf das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 II Satz 2 StPO eingeht, ist es im weiteren Verlauf der Grundsatzfrage irrelevant. Mehr oder minder muss sich der Fotograf/ Journalist die Frage stellen, inwiefern die Ablichtung bzw. der Film über unmaskierte SEK- Beamte bzw. Einsatz- oder Zugriffskräfte zwingend einer Verwertung zugeführt werden müssen. Eine Maskierung kann mehrere Zwecke beinhalten und sollten vor einer Veröffentlichung berücksichtigt werden. Als primärer Grundgedanke gilt der Schutz der Persönlichkeit des Beamten, nicht zuletzt auch dem Schutz der Familie bzw. der Angehörigen. Bei entsprechenden Operationen der Spezialkräfte liegt der Fokus nicht auf dem Ladendieb aus Hamburg- Blankenese, sondern zum Teil bei schwer kriminellen und auch bewaffnet organisierten Organisationen. Der Schutz vor Repressalien steht daher an erster Stelle. Katzidis erwähnt in diesem Zusammenhang der Ablichtung auch noch einmal die unstrittige Frage, ob Polizisten, die im Verlauf eines entsprechenden Einsatzes fotografiert oder gefilmt wurden, relative Personen des Zeitgeschehens sind. Er verweist ausdrücklich darauf, dass diese Frage hinfällig wird, sobald der betreffende Beamte ausdrücklich darauf hinweist, dass sein Bild nicht veröffentlicht werden darf. Zusammenfassend gilt folgender Grundsatz, nicht nur seitens der Polizei: Bevor Irrtümer entstehen, zunächst das Gespräch suchen. Auch Polizeirat Katzidis rät seinen Kollegen, grundsätzlich das vertrauensvolle Gespräch zu den Journalisten zu suchen, um offene Fragen zu klären. Die Verantwortung der Journalisten steht an dieser Stelle aber ebenso außer Frage und Vertrauen, welches ich schon zu Beginn erwähnte, lässt sich nicht durch leere Worte erfahren. Vor allem im lokalen Journalismus kennen sich viele Kollegen untereinander, aber auch Journalisten und Einsatzkräfte. Die Frage um zukünftige Informationsgewinnung und dem vertrauensvollen Umgang stellt sich dann erst gar nicht mehr.
*Nachzulesen ist der Originalbeitrag von Polizeirat Christos Katzidis im Polizeispiegel März/ 2014
1 BVerfGE 20, 162 (174); 50, 239
2 Vgl. § 97 V S. 2 StPO, der auch § 160a IV S. 2 StPO verweist