Es sind weitere Monate vergangen und die Situation in Syrien spitzt sich weiter zu. Es wird niemanden verwundern, denn nachdem sich die internationale Staatengemeinschaft immer wieder für Beratungen ins Hinterzimmer zurück gezogen hat, wurde an der syrischen Front munter weiter gekämpft. Wer kämpft denn da eigentlich noch mal? Ach ja, Assad und seine Schergen und…Und? Es hieß, es seien die Rebellen, mit oppositionellem Anspruch an der demokratischen Legitimierung. Aber es ist leider ein Irrtum, dessen Folgen noch nicht absehbar sind. Denn es kämpfen dort schon lange keine Rebellen mehr, die im klassischen Sinn das Ziel verfolgen, ihren Despoten zu stürzen und sich von der Knechtschaft seiner Herrschaft zu befreien. Syrien ist viel mehr und weitaus schlimmer.
Um hier zu einem Fazit kommen zu können, müssen viele Dinge in Betracht gezogen werden, die zudem nicht leicht sind zu erklären, geschweige denn sie zu verstehen. Ich will daher versuchen, etwas Licht ins dunkle und mit Zigarrenqualm verrauchte Hinterzimmer derer zu bringen, die sagen, man könne nur noch mit Waffen intervenieren. Wen haben wir eigentlich vor uns? Geschrieben und gesprochen habe ich schon oft davon, aber scheinbar ungehört, oder an der Zielgruppe vorbei. Assad, es handelt sich hier um den legitim gewählten und noch amtierenden Machthaber Syriens. So groß seine Macht auch ist, er gehört einer kleinen Glaubensgemeinschaft an- den Alawiten. An dieser Stelle sein noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um die in der Türkei vertretenen Aleviten handelt. Seit den Unruhen und Protesten 2011, bei denen ursächlich Menschen gegen das Regime von Bashar al Assad in Damaskus demonstrierten, zerschlug sich mehr und mehr diese Art der Opposition. Inzwischen ist klar, dass sehr unterschiedliche Interessen maßgeblich am Krieg in diesem Land vertreten sind. Das Interesse der Opposition gerät immer stärker in den Hintergrund und radikale Gedanken treten mehr und mehr in den Vordergrund. Russland und das Bündnis zum Iran und der Hisbollah schließen sich dem Engagement an, Assads Position zu festigen.
Inzwischen steht der Krieg kurz davor, die Grenzen nach Israel und dem Libanon zu überschreiten. Österreich hat seine Soldaten von den Golan- Höhen abgezogen, als jüngst Granaten in diesem, durch die UN gesicherten Gebiet einschlugen. Israels Luftwaffe hatte auf syrischem Hoheitsgebiet Luftangriffe auf mutmaßliche Waffentransporte für die Hisbollah geflogen und diese trägt den Konflikt bis in den Libanon. Eine so enorm festgefahrene Situation, die den gesamten Nahen Osten betrifft. Israel liebäugelt schon seit zwei Jahren damit, einen Angriffskrieg gegen den Iran führen zu können und hat auch in diesem Zusammenhang immer wieder versucht, außenpolitischen Druck auf die USA auszuüben. Obama lenkte bisher auch immer wieder ablehnend auf diese Haltung ein. Inzwischen ist klar, welche Interessen vertreten werden. Er hatte angekündigt, sollte „die rote Linie“ seitens Assad überschritten werden, wird die USA militärisch intervenieren. Eine Aussage, die wohl zu einem Wettrüsten wie im kalten Krieg führen wird. Denn Russland ist nach wie vor Syriens Bündnispartner, der auch nicht von seiner Position abrücken wird. Aber viele Indizien weisen darauf hin, dass Amerika, wie in den 1980er Jahren, eine militante Seite des Konflikts unterstützt, ohne dabei die Folgen in Betracht zu ziehen. Amerika selbst ist weit weg und die Menschen im Land sind sich nicht bewusst, welchen Schaden die Regierung in der muslimischen Glaubensgemeinschaft dadurch angerichtet wird. Ein Begehren Israels, endlich den Konflikt zum Iran ausführen zu können, ist absehbar. Es wird aus Sicht der Hisbollah ebenso unvermeidbar sein, den Libanon dadurch schwer zu schädigen und das Land ebenfalls damit zu belasten. Sunniten, Schiite, Drusen, Alawiten, Christen, Kurden, Juden – die Zahl derer ist lang, die sich zukünftig erneut gegenüber stehen und um Frieden, Freiheit, Rechte und Anerkennung kämpfen werden. Werte, die für die westliche und vermeintlich demokratische Welt ein Selbstverständnis darstellt. Sie führt Waffen und weiteres Potenzial der Gewalt zu den Menschen, die nach einem „normalen“ Leben streben. (eh)