Politische Verantwortung bedeutet gleichsam die Verantwortung dem Volk gegenüber. Alle parlamentarisch getroffenen Entscheidungen haben oft eine langanhaltende Wirkung in der Gesellschaft. Nicht jeder Politiker hat es geschafft, seinen Aufgaben gerecht zu werden. Politische und persönliche Affären gibt es seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland und natürlich über die Landesgrenzen hinweg. Im Nachfolgenden sind die bekanntesten Beispiele von Affären und Verstrickungen in der Bundes- und Landespolitik, denen oft eine weitaus größere Tragweite zugeschrieben werden muss. Eine Affäre hat sogar dazu beigetragen, die Bundesrepublik selbst zu verändern- die Spiegel- Affäre.
1958- Franz Joseph Strauß (CSU) – Bundesverteidigungsminister: Bei der Starfighter- Affäre oder auch Lockheed- Affäre genannt, wurde eine Entscheidung des Verteidigungsministers getroffen, die entgegen allen Ratschlägen nicht nur zu Lasten der Truppe, sondern auch zum Nachteil des Steuerzahlers war. Die Luftwaffe war 1957 auf der Suche nach einem modernen und im Überschall fliegenden Abfangjäger. Die Entscheidung fiel auf den Starfighter Lockheed F104 und der Bundestag stimmte der Wahl am 06. November 1958 einstimmig zu. Geplant war zudem ein Lizenzbau der Maschine in Süddeutschland, um darüber hinaus auch den Wirtschaftsstandort Deutschland damit zu stärken und zu sichern. Jedoch stellte sich schon früh heraus, das gravierende technische Mängel eine Indienststellung gefährlich und kompliziert gestaltete. Allein 1965 ereigneten sich mit dem Jagdflugzeug 27 Unfälle mit 17 Todesfällen. Bis 1991 waren 916 Starfighter bei der Bundeswehr im Einsatz, 300 gingen durch Unfälle verloren, davon 269 durch Abstürze. Einschließlich des letzten tödlichen Unfalls im Jahre 1984 verunglückten 116 Piloten tödlich, davon 108 deutsche und acht amerikanische Piloten. Repräsentant des US-Herstellers Lockheed war Ernest F. Hauser, ein persönlicher Freund des Verteidigungsministers. Bereits vor den Tests des umgerüsteten Prototyps bestellte Strauß 700 Maschinen. Strauß verschleuderte Milliarden Steuergelder und der Verdacht von Korruption bei der Beschaffung steht seither im Raum.
1962- Franz Joseph Strauß (CSU) – Bundesverteidigungsminister: Am 10. Oktober 1962 verursachte ein Artikel des Magazins „Der Spiegel“ einen der größten Skandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der Redakteur Conrad Ahlers hatte geschrieben, dass die Bundesregierung nicht gut auf einen atomaren Angriff vorbereitet ist. Die Schuld daran gab er vor allem dem damaligen Verteidigungsminister und CSU-Politiker Franz Josef Strauß. Das Verteidigungsministerium reagierte sofort und wertete den Artikel als Landesverrat. Denn der Bericht, der auch genaue Informationen über die Truppenstärke der Nato und ihre Ausrüstung beinhaltete, soll angeblich Staatsgeheimnisse öffentlich gemacht haben. Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein, Conrad Ahlers und zwei weitere Chefredakteure wurden deshalb festgenommen. Das Gebäude des Magazins wurde durchsucht und wochenlang besetzt. Schnell wurde die „Spiegel-Affäre“ zur Regierungskrise. Denn es wurde bekannt, dass Franz Josef Strauß persönlich für die Verhaftung von Ahlers verantwortlich gewesen war. Und das ist gesetzeswidrig. An vielen Orten in Deutschland kam es deshalb zu Demonstrationen für die Pressefreiheit. Am 14. Dezember 1962 musste Bundeskanzler Konrad Adenauer schließlich die Regierung umbilden – ohne Strauß. Adenauer selbst kündigte seinen Rücktritt für den Herbst 1963 an.
1980er- Otto Graf Lambsdorff (FDP) – Wirtschaftsminister: Ihn ereilte die Praktik zur Pflege der politischen Landschaft. Ausgangspunkt war ein Aktiengeschäft 1975, bei dem der Flick- Konzern Aktien der Daimler-Benz AG im Wert von 1,9 Milliarden D-Mark an die Deutsche Bank verkaufte und beim Wirtschaftsministerium eine Steuerbefreiung nach §6 des Einkommenssteuergesetzes für volkswirtschaftlich förderungswürdige Reinvestitionen beantragte. Obwohl die zu erhebenden Steuern eine Summe von 986 Mio. D-Mark betrugen, verzichtete Lambsdorff zu Lasten des Steuerzahlers darauf. Als Aufwandsentschädigung erhielten die Politiker:
– an Franz Joseph Strauß (CSU) 750.000 Mark,
– an Helmut Kohl (CDU) 50.000 Mark, an Otto Graf Lambsdorff (FDP) 30.000 Mark, mehrmals 70.000 Mark an Hans Friedrichs (FDP) und 100.000 Mark an Walter Scheel (FDP). Im Zuge des Ermittlungsverfahrens erhob der Bundestag die diplomatische Immunität des Politikers auf, der dann am 27. Juni 1984 von seinem Ämtern zurück trat.
1987- Uwe Barschel (CDU) – Ministerpräsident Schleswig-Holstein: Am 13. September 1987 wird durch einen Bericht des SPIEGEL bekannt, dass der SPD- Politiker Björn Engholm durch Barschels Initiierung abgehört worden sei. Der Bericht des SPIEGELS stützt sich auf die Aussage, des wegen Verleumdung vorbestraften Medienreferenten Reiner Pfeiffer. Dieser wurde zudem 1986 durch den Springer- Verlag an den Kieler Landtag vermittelt.
„Über diese Ihnen gleich vorzulegenden eidesstattlichen Versicherungen hinaus gebe ich Ihnen, gebe ich den Bürgerinnen und Bürgern des Landes Schleswig-Holsteins und der gesamten deutschen Öffentlichkeit mein Ehrenwort – ich wiederhole: Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort! – dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind.“ Uwe Barschel: Pressekonferenz am 18. September 1987
Barschel starb nur einen Monat später im Genfer Hotel Beau Rivage auf bisher ungeklärte Weise. Noch heute kursieren Vermutungen, Barschel war in illegale Waffengeschäfte verwickelt.
1990er- Klaus-Rüdiger Lewandowsky (CDU) – Vorsitzender der CDU- Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus: Über ein Berliner Bankenkonsortium, bestehend aus der Bankgesellschaft Berlin, Landesbank Berlin, Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank und der Berliner Bank wurden Fonds entwickelt, die die wahre Lage der Landesbank verschleierten. Immer mehr aufgekaufte und in das System integrierte Firmen und Banken (Bau und Anlage) deckten die faulen Geschäfte und die Anlagefonds wurden an Privatanleger als sichere Geldanlage verkauft. Am 21. März 2007 wurden Landowsky und vier weitere Manager der Berlin-Hannoverschen Hypothekenbank AG vom Berliner Landgericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten bzw. einem Jahr wegen Untreue bei der Vergabe von Millionenkrediten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, nachdem es durch das Bundesverfassungsgericht am 23. Juni 2010 aufgehoben und an das Landgericht Berlin zurückverwiesen worden ist. Ein weiteres Verfahren gegen Landowsky und andere wegen Untreue im Zusammenhang mit der Auflage von Immobilienfonds wurde am 22. Juni 2009 eröffnet. Es endete am 14. Februar 2011 mit einem Freispruch.
1991- Lothar Späth (CDU) – Ministerpräsident Baden-Württemberg: Der damalige Ministerpräsident in Stuttgart, Lothar Späth musste im Januar 1991 zurücktreten. Späth hatte seit dem Jahr 1986 auf Kosten von Standard Elektrik Lorenz Urlaub in der Ägäis gemacht. Zudem soll er das Unternehmensflugzeug gestellt bekommen haben.
1991- Rita Süßmuth (CDU) – Präsidentin des Deutschen Bundestages: Ihr Ehemann Hans Süssmuth hat monatelang einen Dienstwagen des Bundestages mit der Begründung in Anspruch nahm, seine Frau zu Terminen fahren zu müssen. Später organisierte er einen VW-Bus des Bundestages, um den Umzug der Tochter nach St. Gallen in der Schweiz zu bewerkstelligen. Gesteuert wurde der Bus vom Fahrer seiner Frau. Das brachte Hans Süssmuth ein Verfahren wegen Beihilfe zur Untreue ein, das dann aber gegen eine Geldbuße von 5.000 DMark eingestellt wurde. Diese Dienstwagenaffäre des Jahres 1991 hätte fast das Ende ihrer Karriere bedeutet. Damals stützte sie Bundeskanzler Helmut Kohl.
1993- Jürgen Möllemann (FDP) – Wirtschaftsminister und Vizekanzler: Mit dem Briefkopf des Bundesministeriums für Wirtschaft empfahl Möllemann deutschen Handelsketten einen Chip, der als Pfandmünze bei Einkaufswagen zum Einsatz kommen sollte. Ein solcher Chip wurde von der Firma eines angeheirateten Vetters Möllemanns vertrieben. Auf Möllemann wurde daraufhin starker öffentlicher Druck durch Medien und Parteien ausgeübt. Er trat am 3. Januar 1993 vom Amt des Wirtschaftsministers und als Vizekanzler zurück. 2003 starb er unter nicht völlig geklärten Umständen bei einem Fallschirmsprung. Bis 2007 ermittelte die Staatsanwaltschaft, konnte aber einen Suizid, Unfall, oder Mord nicht ganz ausschließen. Im Dezember 2004 wurde ein Insolvenzverfahren über seinen Nachlass eröffnet, das erst im Jahre 2008 mit offenen Verbindlichkeiten in Höhe von etwa 3 Millionen Euro abgeschlossen wurde. Durch die Steuerschulden aufgrund nicht ordentlich gemeldeter Parteispenden gilt das Finanzamt als Hauptgläubiger.
1993- Max Streibl (CSU) – Ministerpräsident Bayern: Im Januar 1993 wurde bekannt, dass Streibl während seiner Zeit als bayrischer Finanzminister von 1977 bis1988 finanzielle Zuwendungen aus der Industrie erhalten hatte. Streibl wurde vorgeworfen, sich aufgrund persönlicher Interessen beim Verteidigungsministerium für den Zuschlag des deutschen Flugzeugbauers Burkhart Grob Luft- und Raumfahrt GmbH & Co. KG beim Auftrag für das EloKa-System LAPAS eingesetzt zu haben. Dies soll 1983 vor allem im Gegenzug von seinem Freund geschehen sein. Grob finanzierte als Dank Privaturlaube in Südamerika und Afrika und Parteispenden. Streibl musste vor dem bayrischen Landtag einräumen, zweimal auf Kosten Grobs Urlaub in Brasilien gemacht zu haben. Daneben soll Streibl auch beim Bundesministerium für Forschung und Technologie und der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung hohe Fördermittel für seinen Schulfreund Grob erschlichen haben.
2000- Helmut Kohl (CDU) – Ehrenvorsitzender und ehemaliger Bundeskanzler: Mitte Februar 2000 verhängte Bundespräsident Wolfgang Thierse gemäß dem Parteiengesetz gegen die CDU wegen falscher Rechenschaftsberichte eine Geldbuße von 41,3 Millionen DM. Die CDU ließ diese Entscheidung gerichtlich überprüfen, unterlag jedoch in letzter Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht. Am 6. August 2000 wurde aufgrund eines Berichts des SPIEGEL bekannt, dass Kohl die rund 2 Millionen DM illegal gesammelter Spenden anders verwendet hatte, als er bis dahin behauptet hatte. Das gespendete Geld sei danach nicht vorwiegend für den Aufbau der CDU in den neuen Ländern, sondern vor allem für Wahlkämpfe der CDU und Meinungsumfragen ausgegeben worden. Die Staatsanwaltschaft in Bonn bestätigte den SPIEGEL-Bericht. Bis heute sind die Namen der anonymen Spender nicht bekannt. Eine Beugehaft, in der Kohl zur Aussage hätte gezwungen werden können, wurde zwar in Erwägung gezogen, aber nicht durchgeführt, um noch größeren politischen Schaden abzuwenden.
2000- Wolfgang Schäuble (CDU) – Partei- und Fraktionsvorsitzender: Schäuble hatte am 10. Januar 2000 eingeräumt, vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber im Jahre 1994 eine Bar-Spende über 100.000 DM für die CDU erhalten zu haben. Am 31. Januar 2000 gab Schäuble ein weiteres geheimes Treffen mit Schreiber im Jahr 1995 zu. Die Schatzmeisterei der CDU habe den Betrag als sonstige Einnahme verbucht. Schäuble behauptete, dass er das Geld in einem Briefumschlag von Schreiber in seinem Bonner Büro persönlich empfangen habe. Diesen Umschlag habe er ungeöffnet und unverändert an Brigitte Baumeister weitergeleitet. Später habe er erfahren, dass die Spende nicht ordnungsgemäß behandelt worden sei. Nachdem ihm die Ermittlungen gegen Schreiber bekannt wurden, habe er die Schatzmeisterin Baumeister um eine Quittung für die Spende gebeten, damit nicht irgendwer später auf dumme Gedanken kommen könne.
2002- Rudolf Scharping (SPD) – Bundesverteidigungsminister: Scharping ist vor allem Soldaten in Erinnerung. Neben seinem unsachgemäßen Umgang mit geheimen taktischen Informationen im KOSOVO- Einsatz, machte er unter anderem durch seinem Badeurlaub von sich Reden. 2002 wurde der damalige Verteidigungsminister kurz vor der Bundestagswahl als Minister entlassen. In der Zeitschrift Bunte tauchten Bilder von Scharping und seiner Lebensgefährtin beim vergnügten Baden im Pool auf – während die Bundeswehr sich auf ihren Mazedonien-Einsatz vorbereitete.
2002- Cem Özdemir (Die Grünen) – innenpolitischer Sprecher der Grünen: (Miles-and-Moritz-Affäre) Cem Özdemir legte im Jahr 2002 sein Amt als innenpolitischer Sprecher der Grünen nieder. Grund dafür war das 80.000 DM-Darlehen eines PR-Beraters. Dazu kam eine Flug-Affäre, in der Özdemir dienstlich gesammelte Bonusmeilen privat genutzt hatte.
2002- Gregor Gysi (PDS/ Die Linke) – Wirtschaftssenator Berlin: (Flugmeilen-Affäre) Gregor Gysi gab im Juli 2002 sein Amt als Wirtschaftssenator in Berlin auf. Grund für Gysis Entscheidung war, dass er als als Bundestagsabgeordneter Bonus- Flugmeilen erworben und sie dann auch privat genutzt hatte.
2002- Walter Riester (SPD) – Bundesarbeitsminister: Im Jahr 2002 reiste der ehemalige Bundesarbeitsminister im Flugzeug von Berlin nach Genf, um dort eine Rede zu halten. Seinen persönlichen Fahrer wies er an, den Dienstwagen in die Schweiz nach zuführen. Den Dienstwagen brauchte Riester lediglich für den zwei Kilometer kurzen Weg zum Hotel. Die Rechtfertigung lag nach seiner Auffassung in seiner persönlichen Sicherheit als Bundesminister.
2002- Walter Riester (SPD) – Bundesarbeitsminister: Arbeitsminister Walter Riester gerät wegen der fragwürdigen Auftragsvergabe von EU-Fördergeldern an ein Bonner Beratungsunternehmen weiter unter Druck. Kurz vor Weihnachten hatte Riester drei leitende Beamte seiner Behörde beurlaubt, weil sich die Europäische Kommission beschwert hatte, dass der Auftrag im Freihandverfahren vergeben worden sei. Dadurch drohen der Bundesregierung eine EU-Strafe und ein finanzieller Schaden bis zu einer halben Milliarde Euro. Der Minister hatte die Schuld Beamten der zuständigen Abteilungen gegeben, deren Entscheidungsvorlage unvollständig gewesen sei und deren Empfehlungen er folgte. Tatsächlich jedoch, so zeigen interne Papiere aus Riesters Behörde, müssten dem Minister die Risiken bekannt gewesen sein. So verweist die entscheidende Beschlussvorlage vom Juni vergangenen Jahres auf die Sichtweise des Rechtsreferats der Riester-Behörde. Diese hatte mehrfach vor einer Vergabe an das Bonner Unternehmen gewarnt. Das Prozessrisiko sei „höher einzuschätzen“ als bei anderen Lösungen, heißt es in einem internen Ministeriumsvermerk. Auch Riesters Staatssekretär Werner Tegtmeier hatte intern bereits gegen die Vergabe votiert, wie aus einem Ministeriumsschreiben an den CDU-Abgeordneten Hans-Joachim Fuchtel hervorgeht. Danach hatte Tegtmeier im vergangenen Frühjahr entschieden, an Stelle der Bonner Firma die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit „mit den Aufgaben zu beauftragen“. Dennoch vergab Riester den Auftrag im vergangenen Juni an die Bonner Firma, obwohl auch die EU-Kommission ihre Bedenken mehrfach vortrug. Dagegen teilten Riesters Beamte noch im vergangenen November dem Haushaltsausschuss mit, die EU-Kommission halte eine Ausschreibung für unnötig. Den Steuerzahler kommen die Ungereimtheiten um das EU-Programm, das unter anderem Frauen und Ausländer besser für den Arbeitsmarkt qualifizieren soll, in jedem Fall teuer zu stehen. Ein Konkurrent der Bonner Firma hatte in der Angelegenheit bereits erfolgreich gegen das Arbeitsministerium geklagt. Es muss deshalb Prozesskosten in Höhe von 120. 000 Euro tragen.
2002- Herta Däubler-Gmelin (SPD) – Bundesjustizministerin: Sie verglich US-Präsident Bush mit Adolf Hitler. Das kostete sie 2002 das Amt. Mit einem Krieg gegen den Irak wolle Bush vor allem von innenpolitischen Problemen ablenken, habe Däubler-Gmelin bei einer Diskussion mit rund 30 Metallgewerkschaftern in Derendingen, einem Stadtteil von Tübingen gesagt, berichtet das Schwäbische Tagblatt. Solche Ablenkungsmanöver seien eine beliebte Methode seit Adolf Hitler, zitiert die Zeitung die Ministerin weiter. Damit wolle sie jedoch unter keinen Umständen Bush mit Hitler vergleichen. Däubler-Gmelin soll sich nach der Veranstaltung beim Schwäbischen Tagblatt gemeldet haben, um ihre Ausführungen zu erklären: „Ich habe nicht die Personen Bush und Hitler miteinander verglichen, sondern die Methoden.“ Es sei ihr allerdings nicht bewusst gewesen, dass der Walter-Betriebsrat auch die Regionalzeitung zu der Diskussion eingeladen hatte. Nach ihrem Verständnis habe es sich bei der Veranstaltung um ein internes Gespräch gehandelt.
2003- Ronald Schill (Partei Rechtsstaatlicher Offensive) – Innensenator Hamburg: Der als Richter Gnadenlos bekannte Richter und Politiker wurde durch einige Eklats bekannt. Er verschärfte in Hamburg Gesetze, die der Verfolgung von Straftätern dienen. Größtes Aufsehen hingegen erreichte er durch einen Auftritt in Deutschen Bundestag. Dort hielt er eine Rede, die jedoch über die ihm zugesprochene Redezeit ging. Daraufhin wurde ihm das Mikrofon abgestellt, auch mit dem Hinweis, dass bisher gesagte zeige keinen inhaltlichen Ansatz zum vorgetragenen Thema. Im Glauben, Schill würde zum Abschluss kommen, wurde das Mikrofon erneut angestellt. Hingegen allen Erwartungen beschwerte er sich dagegen und legte lauthals Protest dagegen ein und drohte mit einer Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Sein Auftritt führte in Hamburg zu einer schweren Koalitionskrise und Ole von Beust rügte ihn für sein Auftreten in Berlin.
2004- Monika Hohlmeier (CSU) – bayrische Kultusministerin: Sie ist die Tochter des ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten Franz Joseph Strauß und ist Schwester von Max Strauß. 2004 geriet die bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier unter Druck. Man warf ihr vor, ihre Kinder vom Chauffeur mit dem Dienstwagen zur Schule fahren zu lassen. Sie dementierte – trat aber doch zurück.
2006- Edmund Stoiber (CSU) – Ministerpräsident Bayern: Stoiber prangte 2006 negativ im Rampenlicht, als er seinen Büroleiter Michael Höhenberger entließ. Dieser habe in einer Telefonaktion Erkundigungen über dieFürther Landrätin Dr. Gabriele Pauli einholen lassen, die das Privatleben, Männerbekanntschaften und mögliche Alkoholprobleme umfasste. Stoiber sagte der SZ am 27.12.2006 gegenüber, er habe sein Büro nicht im Griff und Höhenberger habe ihn über die Bespritzelung nicht informiert, die er keinesfalls zugelassen hätte. Die Landrätin suchte daraufhin das vertrauliche Gespräch mit dem Vorsitzenden Edmund Stoiber, der es jedoch mit der Begründung verweigerte: “Sie sind nicht wichtig“. Höhenberger selbst sagte dazu, er habe nicht bespitzelt, sondern lediglich befragt.
2008- Annette Schavan (CDU) – Bundesministerin für Bildung und Forschung: Annette Schavans Hubschrauber-Affäre: 2008 brachte ein Hubschrauber-Flug Annette Schavan in Verlegenheit. Die Forschungsministerin war mit dem Hubschrauber für einen Vortrag von Stuttgart nach Zürich geflogen. Der Flug kostete die Staatskasse rund 26.000 Euro; ein Linienflug hätte nur um die 300 Euro gekostet.
2009- Ulla Schmidt (SPD) – Bundesgesundheitsministerin: (Dienstwagen-Affäre) 2009 geriet Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt nach dem Diebstahl ihres Dienstwagens unter Druck. Denn das Auto wurde nicht in Berlin gestohlen, sondern in Alicante. Dort machte die Politikerin damals Urlaub. Ihre Rechtfertigung lag im Sicherheitsrisiko als Politikerin.
2011- Christian von Boetticher (CDU) – Landesvorsitzender in Schleswig Holstein: (Lolita-Affäre) Anfang August 2011 wurde eine frühere Beziehung von Boettichers zu einer damals 16-jährigen Schülerin bekannt. Der CDU-Landesvorsitzende aus Schleswig-Holstein hatte die mehrmonatige Beziehung in Hinblick auf seine absehbare Spitzenkandidatur im Kieler Landtag beendet. Nach massiver Kritik trat von Boetticher im August 2011 als Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2012 und als CDU-Landesvorsitzender zurück. Zunächst wurde die Affäre der SPD zugeschrieben, die im Hinblick auf die Landtagswahl angeblich versuchte, Stimmen gegen Boetticher aufzubringen. Die Affäre wurde hingegen allen Behauptungen aus den eigenen Reihen ins Rollen gebracht. Von Boetticher räumte seinen Platz in Kiel und ging wieder zurück nach Pinneberg.
2011- Karl Theodor zu Guttenberg (CDU) – Verteidigungsminister: Im März 2011 trat Karl-Theodor zu Guttenberg von seinem Amt als Verteidigungsminister zurück. Durch den Bremer Rechtsprofessor Andreas Fischer-Lescano wurde die Plagiatsaffäre erst bekannt. Der Verteidigungsminister soll große Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben oder sie sogar von anderen Autoren verfassen lassen haben. Dies unter anderem durch Mitarbeiter des wissenschaftlichen Stabes des Ministeriums. Zu Guttenberg verlor seinen Doktortitel und seine Mandate, gewann dafür den zweifelhaften Spitznamen – Der Plagiator. Zu Guttenberg ging daraufhin zunächst nach Amerika, wo er ein Buch mit dem Titel Vorerst gescheitert schrieb. Heute ist er wieder politisch aktiv, derzeit als Berater in der EU- Kommission als Experte für Internetfreiheit.
2011- Silvana Koch- Mehrin (FDP) – Europaparlament: Der Promotionsausschuss der Philosophischen Fakultät der Universität in Heidelberg entzog der FDP- Politikerin im Juni 2011 den Doktortitel. Nach fast zweimonatiger Untersuchung kam die Uni- Heidelberg zu dem Entschluss, dass ihre Dissertation zum Thema Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik: Die Lateinische Münzunion 1865‐1927 zu großen Teilen aus Plagiaten besteht. Die Prüfer haben auf über 80 Textseiten der Arbeit über 120 Stellen gefunden, die nach ihren Maßstäben als Plagiate einzustufen seien. Die Plagiate seien mehr als 30 verschiedenen Publikationen zuzuordnen gewesen, von denen „zwei Drittel nicht im Literaturverzeichnis aufgeführt worden sind“, so die SZ.
2012- Christian Wullf (CDU) – Bundespräsident: (Kredit-Affäre und der legendäre Anruf) Bundespräsident Christian Wulff geriet wegen eines verheimlichten Privatkredits über 500.00 Euro Ende 2011 in die Schlagzeilen. Dieser Kredit wurde ihm 2008 vom befreundeten Ehepaar Geerkens gewährt. 2009 war das Ehepaar Wulff zu Gast beim Ehepaar Geerkens in Florida und tauschen bei der Airline AirBerlin ein Upgrade von der Economy-Class zur Business- Class in Höhe von 3.000 Euro. 2010 lösen die Wulffs das private Darlehen bei der BW-Bank mit Hilfe von Egon Geerkens ab. Außerdem ließ sich der Politiker sein Buch Besser die Wahrheit durch seinen Freund und Unternehmer Carsten Maschmeyer bezahlen. Anfang 2012 wurde bekannt, dass Wulff mehrere Reportern mit Krieg gedroht habe, sollten sie über die Affäre berichten. Sein wütender Anruf beim Bild-Chef Kai Diekmann wurde nicht nur zum Politikum, sondern auch zum Ziel von Häme und Spott.
2012- Florian Graf (CDU) – Fraktionsvorsitzender in Berlin: Graf, der eine Dissertation über die Berliner CDU mit dem Titel: Der Entwicklungsprozess einer Oppositionspartei nach dem abrupten Ende langjähriger Regierungsverantwortung schrieb, steht im Verdacht, Teile seiner Doktorarbeit plagiiert zu haben. Den Doktorgrad erhielt er im Dezember 2010, sieben Monate nach dem Einreichen bei der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität in Potsdam. Nach Angaben der Universität ist der Plagiatsverdacht erst aufgekommen, als Graf den Sperrvermerk für seine Arbeit erneut um ein weiteres Jahr verlängern wollte. Bei dem Antrag sei ein Verfahrensfehler passiert, was zur Folge hatte, dass dessen Arbeit noch einmal neu begutachtet wurde. 2012 wurde ihm auf eigenen Wunsch durch die Hochschule der Doktortitel aberkannt.
2013- Annette Schavan (CDU) – Bundesministerin für Bildung und Forschung: Die 1955 geborene Politikerin aus der Nähe von Düsseldorf durchlief seit 1975 viele politische Stationen. 2002 wurde ihr der Orden eines Offiziers der Ehrenlegion verliehen und besitzt die Ehrendoktorwürde der Universität Kairo, der Tongij- Universität in China, die Ehrendoktorwürde der Meiji- Universität in Japan und der Hebräischen Universität in Jerusalem. Inzwischen hat die Universität in Düsseldorf am 05. Februar 2013 der Politikerin den Titel entzogen. Inzwischen steht auch ihr Prestigeprojekt, das Deutschlandstipendium im Kreuzfeuer der Kritik. Entgegen der Plagiatsaffäre von zu Guttenberg hat Annette Schavan im Bundestag nicht versucht, den Vorwurf herunter zu spielen oder sogar zu dementieren. Inzwischen strebt sie eine gerichtliche Entscheidung gegen das Ergebnis der Universität in Düsseldorf an.
Welche Vorbilder haben wir jetzt eigentlich noch? Was sagen wir unseren Kindern, den Schülern, Jugendlichen und Heranwachsenden? Inwiefern funktioniert noch das System der Kontrolle? In diesem Zusammenhang gibt es noch viele Fragen, die offen bleiben und nicht befriedigend beantwortet werden. Vielleicht ist es erst der Anfang eines digitalen Zeitalters, dem wir uns inzwischen nicht mehr verschließen können.
Zeichnung: Vanessa Gösch