Die Ausrüstung der Bundeswehr ist in schlechtem Zustand – daran bestehen inzwischen keine Zweifel mehr. Nun sorgt dieser Umstand auch für Missstimmung in der Koalition. Mehrere SPD-Politiker griffen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen scharf an. Es sei „dringende Aufgabe der Ministerin, die Bundeswehr fitzumachen“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dem „Spiegel“. Noch deutlicher wurde SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold. Von der Leyen sollte „auf Inszenierungen verzichten und lieber anfangen, die Bundeswehr und Rüstungsprojekte zu durchdringen“, sagte er dem „Focus“. Die Ministerin wies die Vorwürfe zurück. „Was über Jahre entstanden ist, lässt sich nicht auf einen Schlag lösen und wird mich sicher auf Jahre beschäftigen“, sagte sie der „Bild“. Dafür werde „mittelfristig auch mehr Geld“ nötig sein, ergänzte sie. Weil Deutschland sich stark auf große Auslandseinsätze konzentriert habe, seien für andere Aufgaben weniger Kapazitäten frei gewesen: So sei die Produktion von Ersatzteilen gedrosselt worden und auch Wartung und Inspektion liefen schleppend. Das führe dazu, dass auch modernes Material teilweise nicht einsatzfähig sei. Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, nannte von der Leyens „Ruf nach mehr Geld“ eine „Ohnmachtserklärung“. „Die Bundeswehr braucht nicht mehr Geld. Die braucht ein Ende des Chaos“, sagte sie in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.
Ein großes Problemfeld sind die Transportmaschinen der Bundeswehr. Es werde noch Jahre dauern, bis es eine voll einsatzfähige Flotte des neuen Transportflugzeugs A400M gebe, so von der Leyen. Die Bundeswehr warte dringend auf die Lieferung des neuen Flugzeugtyps, das die betagten Maschinen vom Typ Transall ablösen soll. Um die Transall zu entlasten, prüfe sie derzeit, parallel zusätzliche Transportflugzeuge zu mieten, so die Ministerin. „Die kann man für humanitäre Einsätze nutzen, während die gegen Beschuss geschützten Transall vor allem in gefährliche Krisenregionen fliegen sollen“, sagte von der Leyen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Bundeswehr Maschinen least. Beim Afghanistan-Rücktransport zum Beispiel nutzt Deutschland Antonov-Transportflieger aus der Ukraine und Russland für die Rückführung von Panzern und anderem schwerem Gerät. Auch andere Transportflieger werden angemietet, weil die Bundeswehr nur die relativ kleinen Transall-Maschinen besitzt, die zudem eine recht geringe Reichweite haben. Wegen weiterer gravierender Ausrüstungsmängel kann Deutschland außerdem Zusagen an die NATO nicht einhalten. „Bei den fliegenden Systemen liegen wir im Augenblick unter den vor einem Jahr gemeldeten Zielzahlen, was wir binnen 180 Tagen der NATO im Alarmfall zur Verfügung stellen wollen“, sagte von der Leyen der „BamS“. Der „Spiegel“ hatte zuvor berichtet, bei einem Angriff könnten zum Beispiel 60 zugesagte Eurofighter nicht gestellt werden. Die sind aber für den Fall eines NATO-Bündnisfalls fest vereinbart. In den vergangenen Tagen war dem Verteidigungsausschuss des Bundestages eine Liste vorgelegtworden, derzufolge unter anderem lediglich 38 von 89 Kampfjets des Typs Tornado einsatzbereit sind. Von 109 Eurofightern könnten nur 42 eingesetzt werden. Technikpannen hatten in den vergangenen Tagen auch den Flug von Bundeswehr-Ausbildern und die Lieferung von Waffen in die Kurdengebiete im Nordirak verzögert. Wenige Monate nach ihrem Amtsantritt hatte von der Leyen im Februar den bisherigen Rüstungsstaatssekretär Stéphane Beemelmans entlassen – eine Konsequenz aus massiven Problemen bei großen Rüstungsprojekten der vergangenen Jahre. Auf den Posten wurde die frühere Unternehmensberaterin Katrin Suder berufen. Eine Unternehmensberatung wurde beauftragt, den Stand bei den größten Rüstungsprojekten zu untersuchen. Anfang Oktober werden die Ergebnisse erwartet. (Quelle: tagesschau.de)