Seit der Digitalisierung der Fotografie hat sich auch die Anzahl der digitalen Fotoapparate in Deutschland auf inzwischen knapp 48 Mio. erhöht. Somit steigt auch die Anzahl der Fotografien in Deutschland, wenn auch das Interesse der Deutschen an ernsthafter Fotografie gerade einmal bei 8 Mio. Einwohnern liegt. Dennoch füllen sich die Archive der Bildagenturen stetig und der Markt scheint nahezu überschwemmt zu werden. In diesem Zusammenhang haben sich inzwischen zwei sehr wesentliche Streitpunkte herauskristallisiert. Zum ersten werden immer öfter Fotografien von Unfallorten bzw.Rettungseinsätzen veröffentlicht, die aus der Feder der Rettungs- und Einsatzkräfte vor Ort entstanden sind. Vor allem die lokale Presse ist daran interessiert, aktuelle Zeugnisse des Geschehens zu erhalten. Doch dies geschieht zuteil zum Leidwesen der beruflichen Fotografen. Bis die Journalisten vor Ort erschienen sind, haben die Feuerwehr-Fotografen, die gleichzeitig mit den Einsatzkräften ausrücken, die alleinige Chance auf das beste Motiv. Und während die Feuerwehr nur 25 Euro Schutzgebühr für jedes abgedruckte Bild kassiert, liegt der Sätze von freien Fotografen zwischen 50 und 80 Euro. Allerdings muss angemerkt werden, dass es länderübergreifende Regelungen zu diesem Problem gibt. In Hamburg z.B. ist es freiwilligen sowie Berufsfeuerwehrleuten verboten, von Einsätzen Fotos zu machen, sie selbst im Internet zu veröffentlichen oder an Zeitungen weiterzugeben. Hamburgs Feuerwehrsprecher Manfred Stahl will zur Praxis andernorts nichts sagen, in der Hamburger Feuerwehr-Zeitung aber schreibt er zu dem Thema, dass Fotografieren nicht der Aufgabe der Feuerwehr sei.
Darüber hinaus gibt es weitere Streitpunkte:
OLG Karlsruhe verneint Beendigung der Online-Nutzung durch Löschen eines Links
(OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.12.2012 – 6U92/ 11 – ZUM 2013, 224)
Der klagende Fotograf bot Fotos seiner Webseite unter der Bedingung zum Download an, dass Urheber und Bildquelle bei der Nutzung genannt werden. Weil der Beklagte, ein Verlag, die Nennung versäumt hatte, gab sie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, die Fotografie des Klägers nicht öffentlich zugänglich zu machen. Weil der Beklagte nur den Link zum Lichtbild selbst gelöscht hat, macht der Kläger eine Vertragsstrafe in Höhe von 6.000 Euro gerichtlich geltend. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht allerdings entsprach dem Antrag. Nach Ansicht des OLG wird die Beklagte allein mit dem Löschen des Lichtbild führenden Links den Anforderungen des Unterlassungsversprechen nicht gerecht. Es komme nacht darauf an, dass das Vormerken der URL-Adresse durch jemanden unwahrscheinlich sei. Die Kenntnis der URL-Adresse sei nicht nur dem Kläger vorbehalten, sondern diese hätte jeder Nutzer der Webseite festhalten können. Das OLG weist auch den Missbrauchseinwand zurück. Es sieht keine Verpflichtung des Klägers, die von ihm geforderten Urhebernennungen und Bildquellenangaben selbst einzugeben, weil es ihm als Rechteinhaber freistehe, unter welchen Bedingungen er die Nutzung des Lichtbildes ermögliche. Auch die vom Kläger geschaffene Situation oder seine Kenntnis der URL erkennt der Senat nicht als missbräuchlich an, weil es jedem Dritten möglich gewesen sei, die URL-Adresse des Lichtbildes abzurufen und abzuspeichern, solange dieses durch den Link noch in den redaktionellen Beitrag eingebunden war.
Anmerkungen zum Fall:
Das Gericht weist nicht darauf hin, dass Bilddateien mit einem Bild-zu-Bild-Abgleich weiterhin im Internet gefunden werden können. Es ist auch wenig sinnvoll , dem Kläger die Eingabe der Quellenangaben in die Mediendateien aufzuerlegen, weil diese gegenwärtig leider noch viel zu oft automatisch gelöscht werden.
Landgericht Frankenthal zur Nachhonorierung der Bildverwendung in E-Paper-Ausgaben einer Tageszeitung
(LG Frankenthal, Urteil vom 13.11.2012 – 6O258/10- ZUM-RD2013, 138)
Der klagende Fotograf nimmt die Beklagte, einen Zeitungsverlag, wegen der parallelen Nutzung seiner Fotos in der E-Paper-Ausgabe in Anspruch. Im Zeitraum von 2006 bis 2008 hatte die eingeschaltete Bildagentur der Beklagten insgesamt 1.646 Bilder nur für die Printausgabe zur Verfügung gestellt. Das Landgericht hat dem Kläger 24.128, 50 Euro zugesprochen. Das LG stellt eine rechtsverletztende Bildnutzung fest, weil die Beklagte nicht über die für E-Paper-Nutzung erforderlichen Rechte verfügt hätte. In diesem Kontext sieht das Gericht die Veröffentlichung als E-Paper gegenüber der Printausgabe als eigenständige Nutzungsart an. Mit einem Erwerb außerhalb des Verbreitungsgebietes, des Zugangs zu sämtlichen Regionalausgaben und der Einsehbarkeit alter Ausgaben bringe das E-Paper erhebliche Vorteile. Gegenüber der Printausgabe wende sich die Online-Ausgabe an ein weltweites Publikum und weite den Leserkreis erheblich aus. Hinzu komme, dass die elektronische Nutzung schneller und günstiger sei. Zudem liege der Printausgabe eine physische drucktechnische Vervielfältigung gegenüber einer immateriellen Verwendung des E-Papers über eine Datenleitung vor, die nur an einem Bildschirm einsehbar sei. Den in Höhe von 24.128, 50 Euro zugesprochenen Schadensersatz ermittelt das Gericht nach der Lizenzanalogie. Bei der Berechnung liegt es die für „E-Paper(Tageszeitung)“ einschlägigen MFM-Bildhonorare zugrunde. Neben dem für die zeitgleiche Printnutzung in Höhe von 50% gewährten Nachlass nimmt das LG wegen einer Verbreitung des E-Papers an „wesentlich weniger als 1.000 Personen“ einen weiteren Abschlag in Höhe von 50 Prozent vor. Entgegen dem OLG Düsseldorf (Der Bildermarkt 2012, S.59-ZUM-RD2010,663) folgt das LG Frankenthal dem Sachverständigen, die MFM-Bildhonorare heranzuziehen, weil das OLG Düsseldorf lediglich die Angaben von fünf Tageszeitungen verwertet habe. Das LG Frankenthal will auch nicht ausschließen, dass andere Tageszeitungen für die E-Paper-Nutzung kein gesondertes Honorar gewähren, sofern sie für die Nutzung in der Printausgabe eine angemessene Gebühr bezahlen. Das verneint das Gericht für die von der Beklagten gezahlten Printvergütung. Abschließend verdoppelt das LG die jeweiligen Sätze wegen ausgebliebener Urhebernennungen.
Anmerkungen zum Fall:
Das Landgericht Frankenthal erfreulicherweise die Ansicht, dass das E-Paper gegenüber der Printnutzung eine gesonderte Nutzungsart darstellt. So erfreulich die Zahlung von 24.128, 50 Euro erscheinen mag, ist die Berechnung kritisch zu sehen. Gerade bei der nachträglichen Geltendmachung einer Vielzahl von Fotonutzungen tendieren die Gerichte zur Zurückhaltung, obwohl des Rechteinhabern nicht anzulasten ist, dass die rechtswidrigen Nutzungen sich über längeren Zeitraum angesammelt haben. Kritisch ist der für die Verbreitung des E-Papers an „wesentlich weniger als 1.000 Personen“ berechnete Nachlass zu sehen, weil die Verbreitung der neuen Nutzungsform im Risikobereich des Verlages steht. Ein auch nur geringer Abschlag von dem Einstiegshonorar wälzt dieses Risiko auf die externen Inhaltsanbieter ab.
Oberlandesgericht Brandenburg gestattet Filmen eines Grundstücks wegen zuvor entdeckter Cannabisplantage
(OLG Brandenburg, Urteil vom 21.05.2012- 1U26/11- ZUM 2013,219)
Der Verfügungskläger wendet sich gegen das Filmen seines Grundstückes durch den beklagten Regionalsender. Anlass war die Entdeckung einer vom Sohn des Klägers betriebenen Cannabisplantage, die der Grund für ein gegen ihn eingeleitetes Strafverfahren war. Der Kläger versuchte den auf der öffentlichen Straße stehenden Kameramann der Beklagten durch das Halten seiner Hand vor das Objektiv und Reißen der Kamera von der Schulter vom Filmen seines Grundstückes abzuhalten. Das LG hat die beantragte Untersagung ausgesprochen, das OLG hat die einstweilige Verfügung wieder aufgehoben. Ob bereits das Anfertigen von Bildnissen zu einer Rechtsverletzung führt, macht das Gericht von einer Gesamtabwägung der konkreten Umstände und der Betroffenen abhängig. Hierbei sei grundsätzlich von der Rechtstreue des Pressevertreters und der Wahrung der gesetzlichen Vorgaben (§§22,23 KUG) bei einer etwaigen Veröffentlichung auszugehen. Das OLG lehnt den Untersagungsanspruchwegen des überwiegenden Berichterstattungsinteresses ab, weil wegen der entdeckten Cannabisplantage und wegen des gegen den Sohn gerichteten Strafverfahrens ein erhebliches öffentliches Informationsinteresse bestehe. Weil die Aufnahmen von öffentlichem Straßenland angefertigt wurden und das Grundstück für jedermann einsehbar sei, sieht das OLG nur eine geringfügige Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts.
Zugang von Pressevertretern zu öffentlichen Einrichtungen
(BVerfG, Beschluss vom 12.04.2013 – 1 BvR 990/13 – ZUM – RD 2013, 361)
Im April 2013 hat das Bundesverfassungsgericht in mehreren vorläufigen Rechtsschutzverfahren über die Sitzverteilung des OLG München für den sogenannten NSU-Prozes entschieden. Die Beschwerdeführer des hiesigen Verfahrens, eine türkischsprachige Zeitung sowie deren Chefredakteur, bewarben sich bei der Sitzplatzvergabe. Bereits am Folgetag der Akkreditierung erhielten sie nur noch die laufenden Nummern 171 und 172; zur Verfügung standen nur 50 Plätze. Das BVerfG hat die einstweilige Anordnung auf Berücksichtigung der Beschwerdeführer bei der Verteilung erlassen. Das Gericht weist auf den weiten Entscheidungsspielraum des Vorsitzenden Richters beim OLG München hin. Im Rahmen der Folgeabwägung überwiegt für das BVerfG die Gefahr, dass türkische Medienvertreter von dem Prozess ausgeschlossen blieben. Dies wiege umso schwerer, da zahlreiche Opfer der angeklagten Taten türkischer Herkunft seien und die Beschwerdeführer ein besonderes Interesse an einer vollumfänglich eigenständigen Berichterstattung hätten.
Text: BVPA. 1/2014
Titelbild: Enno Lenze/ Irak 2014