Wer hätte es für möglich gehalten? Die Bundeswehr übergibt seit 2012 immer mehr Verantwortlichkeiten an die afghanischen Behörden und möchte sich, ebenso wie die alliierten Streitkräfte aus Afghanistan zurück ziehen. Die Bundeswehr hat in den vergangenen Jahren sehr stark daran gearbeitet, vor allem die afghanische Armee und Polizei auf die bevorstehenden Aufgaben vorzubereiten, in dem Ausbildungsprogramme erstellt und durchgeführt wurden.
Faysabad war im Oktober 2012 das erste deutsche Feldlager, welches an die afghanische Armee (ANA) übergeben wurde. Festlich natürlich, mit allen Ehren und gegenseitigem Händeschütteln. Der eine oder andere unter den Teilnehmern der Zeremonie wird insgeheim „na endlich“ gedacht haben. Faysabad war der nordöstlichste Punkt der Provinz Badakhshan, in dem zuletzt noch circa 250 deutsche Soldaten stationiert waren. 350 Seecontainer und 112 Fahrzeuge des deutschen ISAF- Kontingentes wurden verladen, die „Lagerreste“ im Wert von 5,9 Millionen Euro wurden an die paramilitärische afghanische Spezialpolizei (ANCOP) übergeben. Ein nobler Zug der Bundesregierung, denn es soll ja schnell nach Hause gehen.
Seit diesem denkwürdigen Abschied geschehen immer verstärkter Angriffe durch die radikal- islamistische Terrorgruppe der Taliban und inzwischen auch immer wieder durch kriminelle Drogenbanden. Im Regional Command North (RC North), dem deutschen Headquarter in Mazar-e- Sharif (Camp Marmal) wird unterdessen heftig darüber beraten, wie den Angriffen im Verbund mit der afghanischen Armee begegnet werden kann. Eine durch die Bundeswehr (noch) nicht bestätigte Anzahl an deutschen Soldaten sind wieder in diesem Gebiet und operieren gegen den weiter vordringenden „Feind“. Vor einiger Zeit hat Hamid Karzai, der afghanische Präsident, der afghanischen Armee untersagt, Luftunterstützung der NATO bei Operationen anzufordern. Jüngst kamen dabei wieder unbeteiligte Zivilisten ums Leben. Allerdings ist die ANA ganz auf sich allein gestellt noch nicht in der Lage, größere Gebiete, vor allem in der Grenzregion zu Pakistan unter Kontrolle zu halten.
Es wird in Anbetracht der derzeitigen Situation immer schwerer zu glauben, dass sich die Bundeswehr weiter aus dem Land am Hindukusch zurück zieht. Der grüne Verteidigungsexperte Omid Nouripur sagt zur derzeitigen Situation:“Die Nato-Strategie ist leider stärker durch die politischen Wünsche in den Hauptstädten der Allianz für einen schnellen Abzug als von den Realitäten vor Ort geprägt, wir müssen uns noch auf einige Rückschläge bis 2014 einstellen.“ Und inzwischen rüstet sich die deutsche Truppe immer weiter für einen Einsatz im afrikanischen Mali. (eh)