Er war der Kronprinz der Kanzlerin Angela Merkel- Karl-Theodor zu Guttenberg. Er stieg politisch in den Zenith auf, als 2008 die Wirtschaftskrise ihn als politisches Wunder feierte. Als Verteidigungsminister lebte er den Traum im Licht der Presse weiter, scheiterte dann allerdings über seine eignen Fehlpässe. Der Doktor war ermogelt. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Ministeriums wurden missbraucht, um dem Glanz der Familie mit einem Doktor zu entsprechen. Auch Silvana Koch-Mehrin, Annette Schavan – all diese Spitzenpolitiker haben ihren Doktortitel nachweislich ermogelt und dann politisch verloren. Nun hat auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ein Problem mit ihrer Dissertation. Ein Zeichen aus dem BmVg? Die Internetplattform Vroniplag wirft ihr vor, bei ihrer Doktorarbeit Grundregeln wissenschaftlichen Arbeitens missachtet und an einigen Stellen plagiiert zu haben. „Die Häufigkeit und leichte Vermeidbarkeit der Fehler spricht für grobes Schlampen“, sagte der Berliner Professor Gerhard Dannemann der Süddeutschen Zeitung. Der Rechtsprofessor am Großbritannien-Zentrum der Berliner Humboldt-Universität ist Teil des Vroniplag-Teams. Nach den Recherchen der Plagiatsdokumentatoren handelt es sich bei den Verstößen zwar nicht um flächendeckende Plagiate wie im Fall Guttenberg, allerdings nenne von der Leyen an vielen Stellen nicht die benutzten Quellen oder verschleiere das wahre Ausmaß der Textübernahmen. Die medizinische Arbeit mit dem Titel „C-reaktives Protein als diagnostischer Parameter zur Erfassung eines Amnioninfektionssyndroms bei vorzeitigem Blasensprung und therapeutischem Entspannungsbad in der Geburtsvorbereitung“ befasst sich mit Problemen vor der Geburt. Die heutige Verteidigungsministerin und CDU-Vizevorsitzende hatte den Text 1990vorgelegt und 1991 an der Medizinischen Hochschule Hannover promoviert. „Die Dissertation enthält zahlreiche wörtliche und sinngemäße Textübernahmen, die nicht als solche kenntlich gemacht sind“, heißt es bei Vroniplag. Auf den 62 Seiten im Hauptteil der Arbeit habe man bislang auf 27 Seiten Plagiate dokumentiert, was einem Anteil von 43,5 Prozent entspreche. Häufig handelt es sich dabei um einzelne Sätze, die zum Beispiel wörtlich übernommen, aber nicht als Zitate gekennzeichnet wurden. Fünf Seiten hätten jedoch einen „Plagiatsanteil“ von 75 bis 100Prozent, heißt es weiter auf Vroniplag. Dannemann sagte, die Autorin habe zudem an zahlreichen Stellen falsche Belege für ihre Aussagen angeführt sowie Fehler aus Quellen übernommen – und weitere hinzugefügt. Ein Sprecher von der Leyens teilte Spiegel Online zufolge mit, die Ministerin habe bereits im August von der Untersuchung erfahren. „Die Ministerin weist den Vorwurf nicht nur zurück – sie hat noch am selben Tag die Medizinische Hochschule Hannover gebeten, ihre Dissertation durch eine fachkundige und neutrale Ombudsstelle der Einrichtung überprüfen zu lassen“, zitiert das Nachrichtenportal, das zuerst über den Fall berichtet hat, aus der Erklärung. Die Hochschule habe ihr eine unabhängige Prüfung versprochen. Seit dem Skandal um die Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg im Februar 2011 hatte eine Reihe von Politikern ihre akademischen Titel und anschließend ihre Ämter verloren, darunter Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) und die FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin. Wohin führt also der aktuelle Konflikt zwischen Wissenschaft und Politik? Wie glaubwürdig sind unsere bundesdeutschen Politiker noch? Ursula von der Leyen hatte ohnehin einen schlechten Start als erster weiblicher Verteidigungsminister. Die Truppe liebte den Glanz und Glamour des von zu Guttenberg, dem Minister, der ihnen mutmaßlich zuhörte, sich für die Truppe einsetzte. Jetzt kommt diese Dame- aus dem sozial – ministeriellen Bereichen, die doch eh keine Ahnung hat. Ihre ersten Wünsche als Verteidigungsministerin- Kühlschränke und Flat-TV für jeden Soldaten. Sie stolpert über die G36-Affäre mit dem schwäbischen Waffenhersteller Heckler& Koch, muss mit den irakischen Kurden verhandeln, hat die Truppe in der Türkei stehen und hat einen Generalstab neben sich, der sich nicht zu unrecht die „Afghanistan-Connection“ nennen darf. Die Truppe kämpft schon seit vielen Jahren an der Anerkennung in der Gesellschaft, da sich vor allem das Krankheitsbild PTBS* manifestiert hat. Innerhalb der militärischen Führung wird dieses Thema zu gern verschwiegen, auch General Kneip sieht gern wohlwollend über diverse Diskrepanzen hinweg. Mit dieser Affäre wird die Truppe wieder an Glaubwürdigkeit leiden, da es die Führung geschafft hat, sich öffentlich ein weiteres Mal über Kompetenz und Inkompetenz öffentlich ein Urteil zu erlauben. Dannemann, der inzwischen als Jäger der ungewollten Dissertationen gilt, verschafft der Bundeswehr einen Rückschritt, der in der Zeit der reaktionären Aufrüstung zweier Aktionäre kontraproduktiv einzuordnen ist. Eine führungslose Truppe, die Aufrüstung der USA mit neuen Atomwaffen in Deutschland, das Engagement des transatlantischen Bündnisses und Russlands in Syrien- all diese Ereignisse werden zu einem Ergebnis führen, welches gesellschaftliche Konsequenzen tragen wird. Wie wird also der Tagesbefehl des BmVg am kommenden Montag aussehen?