Auch heute kommt die Truppe nicht zur Ruhe. Inzwischen sind die Monate vergangen und einige der Kameraden waren froh, dass die Medien endlich schwiegen und die Entscheidung in Kunduz nicht weiter kommentierten. Oberst Klein, der verantwortliche Stabsoffizier in Nordafghanistan hatte im September 2009 den Luftangriff auf Tanklastzüge in Kunduz befohlen. Die darauf folgenden Angriffe, die durch die amerikanische Luftwaffe übernommen wurde, war aus militärisch, taktischer Sicht erfolgreich– Ziel aufgenommen und bekämpft.
Entscheidungen, die vor allem innerhalb von Sekunden bzw. Minuten getroffen werden müssen, können in der nachfolgenden Analyse immer wieder neu diskutiert werden. Der damals 48 jährige Offizier entschied sich und die Bomben trafen für drei Jahren nicht nur Kämpfer der Taliban, sondern auch mehr als 100 Zivilisten. Wie üblich wurden dann die Hinterbliebenen finanziell zur Trauer entschädigt, und ein Untersuchungsverfahren gegen den Entscheidungsträger wurde eingeleitet. Oberst Klein wurde zudem vom damaligen Verteidigungsminister zu Guttenberg schnell aus der Schusslinie suspendiert, die Folgen für den Betroffenen privat und dienstlich nicht unerheblich.
Nun wurde heute mitgeteilt, dass Klein zunächst Abteilungsleiter im neuen Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr werden soll– die Folge wäre einige Monate später die Ernennung zum Brigadegeneral. Und wieder wird darüber auf den Social- Media Plattformen wie Facebook und Twitter heftig diskutiert. Bei einem Beitrag des Deutschlandfunk auf Facebook heißt es dazu zum Beispiel:
„Baal Astaro Wieso wird einer zum General ernannt, der hunderte von Zivilisten umgebracht hat? Wundert mich das der Mörder von unschuldigen Frauen und Kinder noch ruhig schlafen kann und sich nicht erschossen hat? Oder wenigstens in der Klappse ist!? Der muß ja völlig Gefühlskalt sein!? Ist der psychologisch überhaupt noch in der Lage, richtige Endscheidungen zu treffen, jetzt wo er noch mehr Verantwortung trägt? „Disziplinar- und strafrechtlichen Ermittlungen wurden später eingestellt“, soll das ein Scherz sein, natürlich Veruteilt sich Deutschland nicht selbst, das war ein Scheingericht um die deutsche Öffentlichkeit zu beruhigen, eine Art Siegerjustiz ! Die Bundesregierung ist für das Massaker verantwortlich und keiner ist darum zurück getreten! Eine Schande !!! Auch da hat die Bundesregierung versagt, wiedereinmal in der Geschichte der Menschheit werden vom deutschen Boden aus unschuldige Zivilisten eines anderen Landes durch deutsche Soldaten massakriert, zerfetzt, verstümmelt und ermordet! Herzlichen Glückwunsch General! Danke Bundesregierung! Das einzige was für den Oberst spricht ist, das er als Soldat, so wie alle deutschen Soldaten in Afgahnistan ausgenützt von der Bundesregierung wird! Der Ex Bundespräsident Köhler hat ja sinngemäß gesagt, die deutschen Soldaten kämpfen nur in Afgahnistan um Industriellen Ressourcen mit Gewalt zu erschließen! Kann man das jetzt so verstehen, das Oberst Klein die Bombadierung auf mutmaßliche „Taliban“ unbewußt und indirekt desswegen angeordnet hatte damit irgendwelchen schwer Industriellen die „Freunde“ in der Bundesregierung haben schneller die Resourcen des Landes, die ihnen gar nicht gehören mit der Gewalt deutscher Soldaten zu Verfügung gestellt werden können? Warum werden die letzten Worte von ex BP. Köhler unter den Teppich gekehrt? Dieser ganze Krieg ist Kriminell und von Anfang an, nicht zu gewinnen gewesen und er ist gegen den Eid den die deutschen Soldaten abgelegt haben, gegen das Grundgesetz und die deutsche Verfassung! Eine nicht Enden wollende Schande für uns alle!!!“
„Thomas T. Heck Ich war auch nicht dabei. Oberst Klein mußte eine Entscheidung treffen. In Militärkreisen nennt man die Optionen, die man da hat Ritterkreuz oder Tritt ins Kreuz. Er konnte sich nicht richtig entscheiden. In eine solche Lage können Sie sich nicht versetzen, wie auch. Aber im Nachhinein diesen Mann zu verurteilen und, wie geschehen, seine Familie in Sippenhaft zu nehmen, ist billig und unredlich. Ob Sie sich hier auch so fleißig über die Taliban echauffieren würden, wenn durch einen Anschlag 100 von unseren Soldaten getötet worden wären, bezweifle ich mit Nachdruck.“
Dieses Diskussionspotential kann und muss man aus verschiedenen Richtung neutral betrachten. Die taz und Süddeutsche Zeitung halten sich der Meldung gegenüber zurück und melden nur die Fakten. Es lässt sich gern und leicht vom Stammtisch aus diskutieren, ohne Hintergründe und Zusammenhänge zu kennen. Es gibt viele Soldaten der Bundeswehr, die in ihrer Dienstzeit Verfehlungen begangen, aber nie disziplinarrechtlich geahndet wurden. Entscheidungen, die wie durch Klein getroffen wurden, müssen schnell und ohne Zögern getroffen werden. General Kneip wäre hier ein Gegenbeispiel, der 2006 in Mazar-e-Sharif mehrere Stunden benötigte, um verletzte Soldaten in der sengend heißen Wüstenhitze bergen zu lassen. Hier musste lediglich die Entscheidung getroffen werden, einen nur leicht geschützten Kran mit der Sicherung, den Feldjägern, dem EOD und Sanitätern in Marsch zu setzen. Veröffentlicht wurde darüber nichts, die betroffenen Soldaten schweigen darüber. Spannend sind dann immer die öffentlichen Diskurse, über dem Rest schwebt der Mantel der Verschwiegenheit.