Wie hat sich die Welt seit dem 11.September 2001 verändert? Welche Auswirkungen spüren wir heute noch nach dem arabischen Frühling und welchen Einfluss hat der Kreml und das Weiße Haus auf unser Leben? Mit diesen Fragen werde ich immer wieder direkt oder indirekt konfrontiert, klare und eindeutige Antworten lassen sich nur schwer finden. Zu viele Verschwörungstheorien, Pseudoanalytiker oder selbst ernannte Journalisten sind inzwischen im world wide web unterwegs und belustigen die Allgemeinheit.
Aber was ist nun mit 9/11? War es eine Inszenierung des Westens, um seine Herrschaft über die Welt zu manifestieren? Vieles lässt daraufhin deuten, dass es die USA schon Jahre zuvor darauf abgezielt haben, in Afghanistan militärisch zu intervenieren, ihnen aber immer ein wirklicher Grund dafür fehlte. Aber dafür Menschen im eigenen Land töten und für etwas verantwortlich sein, was die Welt in seinen Grundfesten verändert? Auf diese Frage werden wir wohl Zeit unseres Lebens keine Antwort erhalten und es gleicht auch eher nach der Suche des verlorenen Schatzes. Der Fokus gilt den Tatsachen, den Fakten die sich aus den Falling Domino ergeben haben. Hat sich also der Russe und der Islam gegen den Westen verschworen? Sind Moslems radikaler geworden und verachten sie uns Christen? Auch hier halte ich davon Abstand und bitte alle LeserInnen rational zu bleiben, denn Theorien dienen hier nur der Wissenschaft, nicht dem Allgemeinwohl.
Afghanistan im Sommer 2006. Es war meine erste Begegnung mit dem wilden und verhassten Land. Hier lebt also der Talib, der Mensch, der durch Washington zum Inbegriff des Bösen wurde. Sein Begehren ist es, alles auszulöschen, was auch nur im Ansatz nach Amerika und Christ aussieht. Erlebt habe ich Menschen, die aufgeschlossen und neugierig waren. Sie setzen sich mit ihrer Position auseinander, hinterfragen und wollen eigentlich nur Mensch sein. Kinder, die im Müll spielen, verschossene Munitionshülsen aufsammeln, damit sie damit etwas Geld für die Familie verdienen. Das Land selbst ist unbeschreiblich. Alexander der Große muss wohl ähnliches empfunden haben, als er auf seinem Eroberungszug auf dem Weg nach Indien war. Die Gegensätze können nicht größer sein, die Natur und die Menschen gleichen und widersprechen sich zugleich. Sie sind schroff, wild, unnahbar aber auch sanft. Was ist inzwischen geblieben, nach über zehn Jahren des Krieges? Verbitterung, Enttäuschung, Tote Menschen und kein Ende in Sicht! Versprochen wurde das Ende des Terrorismus, geschaffen wurde Hass und Wut.
Libanon/ Syrien 2011. Der arabische Frühling hat vieles im Norden Afrikas verändert. Menschen fühlen sich frei, sie haben sich gegen ihre Despoten im Land gewehrt und sie gestürzt. In Libyen wurde der Diktator Muammar al-Gaddafi im Oktober 2011 nach über 20 Jahren Herrschaft getötet. Auch Mussolini und Nicolae Ceaușescu wurde nach dem Aufbegehren des Volkes durch das Volk gerichtet. Syrien war und ist anders und die politischen Strukturen im Land sollten den Menschen, die nach Veränderung und Freiheit suchten, zum Verhängnis werden. Der Weg von Beirut nach Damaskus ist nicht weit. Es sind nur knapp 100 Kilometer mit dem Bus, über das Libanon-Gebirge, durch die wunderschöne Bekaa-Ebene hindurch, weiter nach Syrien. Schnell spürt man den Druck, der durch die Behörden aufgebaut wird und dass man selbst eher nicht willkommen ist. Baschar Hafiz al-Assad ist das neue Gesicht des Bösen. Er, seine Familie, sein Clan werden zur Ikone des Todes, geht er seit den Ausschreitungen im Januar 2011 mit harter Hand gegen sein eigenes Volk vor. Meine Erkenntnisse waren damals schon, dass sich mehr als nur ein Bürgerkrieg entwickeln würde. Zu viele Player mischten sich ein, sei es die Muslimbrüderschaft, Al-Nusra, die Hesbollah, die Kurden, oder Al-Kaida. Das Land ist kollabiert und Millionen Menschen fliehen. Der Libanon mit seinen vier Millionen Einwohnern hat knapp zwei Millionen Syrer aufgenommen, die Türkei, Jordanien und der Irak haben ihre Kapazitäten längst erreicht. Die internationale Staatengemeinschaft berät sich, diskutiert, verhängt Sanktionen, ist aber physisch unfähig und nicht gewillt zu reagieren. Inzwischen strömen sie hilflosen Menschen nach Europa, um sich, die Familie und ihr Leben einen Neubeginn zu verschaffen.
Ukraine 2015, der Kampf David gegen Goliath hat seine Spuren an den Toren Europas hinterlassen. Er steht inzwischen sinnbildlich für den den Kalten Krieg 2.0. Ost gegen West, Gut gegen Böse? Wer ist hier für und gegen wen? Welche geostrategischen Interessen spielen hier eine Rolle? Was will Brüssel, Berlin, Moskau und wen hat es gewundert, Washington? Ich werde in Krakau abgeholt und wir fahren durch die Nacht in Richtung Ukraine. An der Grenze angekommen wird mein Pass mit argwöhnen betrachtet, ich habe extra den dabei, der meine russischen Visa nicht beinhaltet. Man kann der Zöllnerin quasi an der Nasenspitze ansehen dass sie verwundert ist. Was will der Typ hier, der nur arabische Stempel im Pass hat? Die Kontrolle des Autos war schnell erledigt, nachdem sie die Filmausrüstung gesehen hat. Im Westen des Landes spürt man zunächst nichts vom Krieg. In Lemberg (Lviv) ist mein erster Eindruck, dass es gar keinen Krieg gibt. Aber weit gefehlt, denn neben dem Denkmal von Stepan Bandera, der als Nationalheld gefeiert wird, ist die nationalistische Propaganda der Swoboda-Partei zu sehen. Die Ukraine, so schön sie auch ist, so freundlich und hilfsbereit deren Menschen sind, leidet gerade in diesen Tagen sehr an der Frage nach der eigenen Identität. Sie wollen gen Westen, doch wer ist das? Brüssel und Berlin sind eher passiv, wenn es um die Frage nach der politischen Orientierung geht. Es ist Washington, der „schnelle Hilfe“ zusagt und Rüstungsmaterial versendet. Unter der Regentschaft Victor Janukowitsch wurde das Land regelrecht ausgeblutet und in der militärischen Auseinandersetzung im Osten des Landes mangelt es an allem. Der Pluspunkt für die USA, sich genau dort zu engagieren, ist das Feindbild Moskau stärker denn je. Die Menschen im Land sind zwiegespalten, denn sie suchen nach Halt und Frieden. Die Toten des Euromaidan sind in Kiew ein sichtbares Mahnmal, ihre Gesichter umso präsenter. Doch was ist geblieben? Die Regierung unter Pedro Poroschenko ist nahezu unfähig zu handeln, stehen sie zwischen den Stühlen des Ostens und Westens. Milizen werden politisch gefördert, da der Werchowna Rada in Kiew eher den Anschein verbreitet, sich orientierungslos von A nach B zu begeben. Wenn nicht zügig gehandelt wird, wird es hier ein zweites Gaza geben. Der erste Stein ist längst vergessen, Vergebung ein Fremdwort. Mütter haben ihre Söhne verloren, Frauen trauern um ihren Mann und Kinder wachsen ohne Vater auf! Was ist das eigentlich- dieses Ding mit dem Krieg?