Dokumentationen aus dem Ausland lassen sich aus der Ferne immer mit einer entsprechenden Distanz betrachten, ohne dass sich der Betrachter über den Beginn und den Verlauf der Reportage Gedanken machen. Wie funktioniert das denn nun eigentlich, mit der Reportage aus einem Krisen- oder Kriegsgebiet? Nun ja, zunächst einmal beginnt alles mit einer Idee, einer Information, oder einer These. Die Recherche beginnt zunächst im eigenen Büro, am eigenen Schreibtisch. Bei mir waren es oft kleine Informationen, die ich über die sozialen Kanäle gesammelt habe. Oftmals bietet es sich auch an, sich dort auch weitere Informationen zu holen, möglicherweise auch Kontakte zu lokalen Informanten zu suchen. Mir hat es oft geholfen und ich bekam dadurch auch Zugang zu Inhalten, die Dritten verwehrt geblieben sind.
Wie bei allen anderen Recherchen im Journalismus stehen natürlich die Relevanz, der gesellschaftliche Mehrwert, der Schutz der Informanten, der zeitlich und räumliche Zusammenhang und möglicherweise auch die Exklusivität auf der Agenda der Recherche. Erste Kontakte zu möglichen Redaktionen sind dann notwendig, um zunächst einmal „abzuklopfen“, inwiefern ein lokales, regionales oder internationales Interesse an der Geschichte besteht.
Um den nächsten Schritt zu gehen, den in die Ferne, muss sich der Journalist natürlich selbst die Frage stellen, inwiefern er es selbst leisten kann. Benötige ich Partner bei der Reise? Für welches oder welche Medien (Radio, TV, Print/ Online) möchte bzw. kann ich arbeiten? Nicht selten ist es einfacher, wenn man zu zweit arbeitet, um sich dann auf den Schwerpunkt der Recherche konzentrieren zu können. Allerdings herrscht auch in Deutschland unter den Journalisten ein harter Konkurrenzkampf, so dass die KollegenInnen Angst davor haben, ihre Geschichte mit einem Kollegen zu teilen. Einzelkämpfer sind aber selten das ultima ratio bei der Arbeit.
Ich war oft mit meinen Informanten vor Ort unterwegs, auch schon mit Kollegen, welches die Recherche und Arbeit im Ausland um ein Vielfaches vereinfacht hat. Hand aufs Herz: Wie viel Sprachen sprichst Du? Fließend? Dabei meine ich nicht englisch, französisch oder spanisch, sondern russisch, ukrainisch, dari, paschtu, arabisch (mit diversen Dialekten), farsi, oder Dialekte der kurdischen Kultur?! Oftmals scheitert es schon hierbei, insofern keine validen und vertrauenswürdigen Kontakte im Einsatzland vorhanden sind. Somit steht und fällt die Arbeit genau mit diesen Kontakten.
Die Reise selbst ist dann oftmals nur eine organisatorische Herausforderung– egal wohin es dabei geht. Vielleicht können sogar die US-amerikanischen oder deutschen Streitkräfte bei einer Reise unterstützen, denn für JournalistenInnen besteht die Möglichkeit, embedded mit dem Militär von A nach B zu reisen. Hierbei kann u.a. das Einsatzführungskommando der Bundeswehr helfen!
Embedded zu arbeiten ist sehr oft umstritten unter den KollgenInnen und nicht zuletzt Antonia Rados als preisgekrönte RTL-Reporterin arbeitet nur unter bezahltem Schutz in einem gefährdetem Umfeld. Wie weit darf ich als Journalist gehen, um an Informationen oder Bildern zu kommen? Darf oder muss ich mein eigenes Leben riskieren? Dafür gibt es aus meiner Sicht nur eine Antwort: N E I N ! Der Schutz des eigenen Lebens und dem der Begleiter steht bei einer Recherche immer an erster Stelle, denn Helden gibt es im Journalismus nicht!
Wie kann ich mich effektiv vorbereiten und einen Schutz der eigenen Person oder das meiner Begleiter gewährleisten?
- besitze ich einen gültigen Reisepass (ideal sind zwei, denn möglicherweise müssen Länder bereist werden, die einen Eintrag eines anderen Landes ausschließen (Israel vs. arab. Länder)
- inwiefern habe ich einen passenden Impfstatus? (z.B. Hepatitis A+B)
- besitze ich eine Schutzweste und einen ballistischen Schutzhelm? (hierbei kann auch u.U. die Deutsche Welle unterstützen)
- wann habe ich zuletzt an einer Erste Hilfe-Maßnahme teilgenommen?
- habe ich Equipment im Gepäck, welches eine Erstversorgung bei einer möglichen Verletzung lebensrettend ist?
- habe ich Kontaktdaten zu einem deutschen Konsulat oder einer Botschaft?
- wie werde ich vor Ort kommunizieren? Wie und wo erhalte ich möglicherweise einen Zugang zum lokalen Mobilfunknetz, um Kontakt zur Redaktion halten zu können?
- kann mich die Redaktion vor Ort unterstützen? Wenn ja, welche Strategien wurden dafür verabredet?
- besitze ich den klimatischen und lokalen- religiösen Bedingungen entsprechende Bekleidung? (Ein eindringlicher Hinweis: Ein Vollbart als Europäer wird in streng muslimisch geprägten Ländern nicht zwingend als Respekt gegenüber der Religion ausgelegt!)
- inwiefern bin ich mit den lokalen Traditionen vertraut? Wie begrüße und spreche ich mit den hiesigen Verantwortlichen? Wie muss ich mich möglicherweise verhalten, wenn ich nicht erwünscht bin?
- Bargeld wird oft mit einem Gastgeschenk gleichgesetzt, inwiefern bin ich mit ausreichend Währung ausgestattet?
Ich könnte die Liste noch weiter in Detail ausführen, möchte es allerdings mit einem kleinen Einblick belassen. Bei all meinen bisherigen Reisen waren einige Punkte mehr oder weniger wichtig und haben mir immer wieder sehr geholfen. Denn nur das Bewusstsein, sich einer realen Gefahr auszusetzen, sensibilisiert und sollte möglichst vor unbedachten Handlungen schützen. Erfahrene KollegenInnen sollten als Mentor fungieren und jüngere und unerfahrene JournalistenInnen beraten.
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