Am 04. März 2012 fanden in Beirut auf und in der Nähe vom „Platz der Märtyrer“ zwei angemeldete Demonstrationen statt. Dabei wurde der Innenstadtbereich weiträumig durch Polizei und Militär abgeriegelt. Schwer gepanzerte Kräfte wurden direkt vor Ort zusammengezogen, um den befürchteten Ausschreitungen vorzubeugen. Hierbei standen sogar CRC- Kräfte der Armee (ähnlich der Polizeieinsatzkräfte in Deutschland, die bei Demonstrationen mit Helm und Schutzschild einschreiten können) bereit.
Die Akkreditierung als Journalist verlief unproblematisch und der Recherche unmittelbar am Ort des Geschehens stand nichts mehr im Weg. Mehrere Tausend Demonstranten trafen mit zahlreichen Bussen in Beirut ein, um sich für das politische Engagement Präsidents Assad in Syrien auszusprechen. Dabei gab es auch eine Zusammenkunft mit dem libanesischen Innenminister Marwan Charbel und der Sheik Ahmad Assir, bei der sie die Greueltaten im Nachbarland Syriens verurteilten. Sie sprachen sich für den Respekt und die Menschenwürde aus und forderten ein Ende der Bombardements gegen Unschuldige.
„Niemand hat das Recht über das Leben eines Menschen zu richten, nur der der Prophet bestimmt und ruft uns zu sich!“, so der Sheik in seiner Rede an die Demonstranten. Er verurteilt ebenso die Gewalt in seiner Rede und ruft dazu auf, sich wie Brüder und Schwester zu verhalten, denn im Herzen, in der Seele und im Glauben sind vor Gott die Menschen gleich. Er betonte ebenso, dass vor allem die arabischen Völker näher zusammen rücken müssen, um sich gegenseitig zu stärken.
Sheik Ahmad Assir gilt allerdings nach wie vor als einer der umstrittensten Imame im religiösen Umfeld im Libanon. Im Interview fand ich sogar einen deutschsprachigen Libanesen, der bereit war, mir die Predigt zu übersetzen und die derzeitige Stimmung in Bezug auf das Handeln der syrischen Regierung aus seiner Sicht zu erklären. Inzwischen leben mehrere tausend syrische Flüchtlinge im Libanon, zwar frei von Angst vor Repressalien und Tod, aber am Existenzminimum. Egal ob in den Straßen Beiruts, Tripoli oder im Umfeld Beiruts, sie verdingen sich als Tagelöhner und Arbeiter niederer Dienste, ähnlich wie es die Bundesrepublik schon nach dem Wirtschaftsaufschwung in den 60er und 1970er Jahren mit den türkischen und italienischen Hilfsarbeitern machte. (eh)