18. Oktober 2012- bei Anne Will. Die Frage, die schon sehr lange in der Bundeswehr diskutiert wird, dringt jetzt auch immer stärker in die Öffentlichkeit. In der Sendung diskutierten der Verteidigungsminister Thomas de Maiziere, Omid Nouripour (MdB, Bündnis 90/Die Grünen), Jürgen Todenhöfer (Autor), Franz Josef Overbeck (seit 2011 Militärbischof der Bundeswehr) und die ehemalige Soldatin und Ehefrau eines traumatisierten Zeitsoldaten Marita Scholz.Was hat uns denn nun dieser Einsatz gebracht, Herr Minister?
Nicht entschuldigend für die derzeitige Lage der Soldaten muss an dieser Stelle bedacht werden, dass Thomas de Maiziere erst seit 2011 den Dienstposten des Verteidigungsminsters eingenommen hat. Ein Bauherr, der seine desulate Baustelle betritt und nicht weiß, ob der Bau fertig gestellt werden kann, oder ob es weitere Baupläne geben muss. Marita Scholz spricht als betroffene Ehefrau über ihren posttraumatisch belasteten Ehemann, dem nach seinen Erlebnissen in verschiedenen Bundeswehreinsätzen ein normales Leben nicht mehr möglich ist. Sie konfrontiert mit ihren privaten, sehr intimen Erlebnissen den Minister und fordert stellvertretend für alle Betroffenen Hilfe. Wie viele Soldaten sind davon betroffen Herr Minister und was tun Sie für die Betroffenen?
Was waren denn die Ziele unserer Wertegemeinschaft in Afghanistan? Wir wollten dafür eintreten, den Terror von afghanischem Boden nicht weiter expandieren zu lassen. Der „Talib“, bis zum ersten Angriff der amerikanischen Armee 2001 als Bezeichnung im intervenierten Land unbekannt, sollte schlagkräftig bekämpft werden. Jürgen Todenhöfer, Autor und ehemaliger Bundestagsabgeordneter (CDU bis 1990) spricht sehr deutlich über den nach seiner Ansicht wahren Einsatzhintergrund- strikte Bündnistreue zum amerikanischen NATO- Partner. Also doch nicht mit den Wertevorstellungen demokratischer Strukturen, Aufbauhilfe und Schulbildung? Was also wird passieren nach Abzug der Bundeswehr im Jahr 2014?
Thomas de Maiziere gibt deutlich zu verstehen, dass die Bundeswehr nicht aus Afghanistan „abziehen“ und es lediglich zu einem Mandatswechsel kommen wird. ISAF (International Security Assistance Force) wird dann zu ITAAM (International Training And Advisory Mission). Also Teile der derzeit noch „kämpfenden“ Truppe durch ausbildende und beratende Truppenteile ersetzen. Mazar-e-Sharif zum Beispiel, als größtes deutsches Feldlager im Norden des Landes beherbergt derzeit knapp 3.000 Soldaten. Sie sind vor Ort für die logistische Versorgung der deutschen Soldaten im Norden Afghanistans verantwortlich und wichtigster Standort der deutschen Soldaten.
Die Sicherheitslage sieht jedoch alles andere als gut aus. Aus eigener Erfahrung hat sich die Situation der afghanischen Bevölkerung stark verändert und zwar nicht für alle zum positiven. Der humanitäre Grundgedanke ist längst verloren gegangen, denn inzwischen ist der Schutz der eigenen Kräfte immer weiter in den Vordergrund gerückt. Seit dem 04. Oktober 2009 hat sich durch den Luftangriff der amerikanischen Luftwaffe einiges verändert. Der Angriff wurde damals durch Oberst Klein angefordert und forderte 91 Tote und 11 Verletzte. Das Vertrauen der afghanischen Bevölkerung sank zunehmend und dies erfahren deutsche Soldaten immer wieder bei ihren Patrouillen.
Und eine Antwort auf die Frage, ob der Auslandseinsatz am Hindukusch die Opfer der deutschen Brüder, Väter und Ehemänner rechtfertigen kann, bleibt offen. Menschenleben kann mit nichts aufgewogen werden und steht nie in einem materiellen Verhältnis. Die bisher gesetzten Ziele wurden bislang nicht erreicht und egal ob Pfarrer, Bischof, Psychologe oder Verteidigungsminister- eine rechtfertigende Antwort wird es nicht geben. (eh)